Gestern hatten wir Musik und Lichter, heute haben wir eine Tradition, bei der es sich um einen Pferdeschädel dreht - die walisische Mari Lwyd.
Das erste Mal habe ich von der Mari Lwyd ("Graue Maria" für manche, die sie mit der Jungfrau Maria in Verbindung bringen, "Graue Mähre" für andere, die sie mit den fahlen Pferden der walisischen Mythologie verbinden) im letzten Buch der Reihe "Die Dunkelheit erhebt sich" von Susan Cooper, "Die Mächte des Lichts" - ein Pferdeskelett, das lautlos und schneller als jedes lebende Pferd galoppiert, mit roten Bändern, die von seinem Unterkiefer hängen. Ih erinnere mich gut, wie gruselig ich diese Vorstellung fand.
Damals wußte ich nichts über den walisischen Heischebrauch, der das erste Mal 1800 aufgezeichnet wurde.
Die Mari Lwyd kann, von einer Personengruppe begleitet, an eurer Tür auftauchen - in alten Zeien war auch noch eine Punch & Judy-Show
dabei - und verlangen, für Speis und Trank eingelassen zu werden, eine Forderung, die mehrmals abgelehnt werden muß, bevor man die Gruppe schließlich hereinläßt. Ähnliche Bräuche existieren auch in anderen Ländern für die Tage zwischen Weihnachten und Neujahr.
Das Besondere ist, daß die Mari Lwyd ein Pferdeschädel mit Glas oder Kugeln als Augen ist, mit Bändern verziert, und daß sie auf von einer Person unter einem Umhang auf einem Stab getragen wird.
Klar doch, komm herein, totes Pferd, trinken wir etwas miteinander!
Als ob das noch nicht genug ist, ist die Mari auch auf andere Art etwas bedrohlich, sie jagt Leute und schnappt nach ihnen.
R. fiend, CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons |
Manche glauben, die Mari Lwyd stamme aus dem vorchristlichen Paganismus, aber es gibt keine Aufzeichnungen, die dies bestätigen würden. Nichtsdestotrotz kritisierten christliche Kirchenleute im 19. Jahrhundert den Brauch, der auszusterben schien, aber nie ganz verschwand.
Heutzutage ist die Tradition wiederbelebt, tatsächlich hat sie sich sogar auf Regionen ausgebreitet, wo sie vorher nicht ausgeübt wurde, wie die USA, was zur Frage geführt hat, ob das nicht kulturelle Aneignung ist. Ist die Mari Lwyd nur für Waliser, die auch in Wales leben?
Ich bin in Deutschland, also werde ich wohl nicht so bald eine eche Mari Lwyd sehen, ich finde es aber eine faszinierende Tradition!
Übrigens, habt ihr euch gefragt, wie man Mari Lwyd ausspricht? Bitte schön. Gern geschehen.
Literaturhinweise (deutsch):
Jude Rogers: Die mittwinterliche Majestät der Mari Lwyd
Literaturhinweise (englisch):
David R. Howell: It's Mari Lwyd season - but who owns the tradition?
Sympathy for the Moon (blog by David K. Thorpe): On the trail of the Mari Lwyd
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