In
alten Zeiten, fast vergessen, habe ich anderen Nachhilfe gegeben, hauptsächlich in Latein und Englisch, überwiegend weil mein Lateinlehrer sie an mich verwiesen hat.
Manche von ihnen waren kaum jünger als ich, und nachdem wir gepaukt haben, haben wir manchmal etwas zusammen unternommen, sind in die Stadt gegangen, haben ein Brettspiel gespielt oder einfach nur über Bücher und Musik gequatscht.
Eine von ihnen hat mir das Buch "Wintersonnenwende" von Susan Cooper ausgeliehen und es wurde schnell zu einem meiner Favoriten, das ich auch jetzt noch als Erwachsene liebe.
Ewig lang war mir nicht klar, daß es das zweite Bücher in einer fünfteiligen Serie war, einfach weil nur dieses eine ins Deutsche übersetzt worden war. Damals war es nicht so einfach, an englische Bücher zu kommen, man konnte nicht einfach online gehen und etwas von einem speziellen Buchladen oder gar von einem anderen Land bestellen. Buchläden hatten gewöhnlich ein kleines Regal mit englischen Büchern, weil die Nachfrage damals nicht so hoch war (ich spreche hier von den späten 70ern und frühen 80ern).
Dann passierte etwas Schreckliches. Ich spielte mit meinem kleinen Bruder, als das ausgeliehene Buch hinter das Ende meines Couchbetts gestoßen wurde, das zur Wand zeigte, es öffnete sich beim Fall, und der Umschlag blieb an dem Regal, das dort stand, hängen und riß sofort ab. Es war eine sache von Sekunden und obwohl ich noch versucht hatte hinterherzuspringen, war der Schaden schon passiert. Ihr könnt euch vorstellen, wie entsetzt ich war, nicht nur als Buchliebhaberin, sondern weil das Buch nicht mir gehörte (bis zu diesem Tag verstehe ich nicht, wie manche unserer Bibiotheksbenutzer unsere Bücher behandeln, ohne zu respektieren, daß sie nicht ihnen gehören).
Einfach, zum Buchladen gehen und ein neues kaufen, richten? Nicht so einfach. Erstens bedeutete es, daß ich das Geld für fast eine ganze Nachhilfestunde los war, was für mich damals viel war, und zweitens war es so schrecklich peinlich, daß ich meiner Nachhilfeschülerin sagen mußte, was passiert war, immerhin hatte sie mir eines ihrer Lieblingsbücher anvertraut.
Ich habe das Buch immer noch, wie ihr sehen könnt, und nachdem ich es damals sehr schlecht repariert hatte, um den Umschlag nicht zu verlieren, ging er schließlich wieder ab, als ich es letztes Jahr las.
Fragt ihr euch, warum ich mir selber in den über 40 Jahren kein neues Exemplar gekauft habe, zum Beispiel als endlich die anderen vier hier herauskamen? Es ist die Erinnerung. Manchmal bin ich eben seltsam.
Außerdem habe ich mir irgendwann auch die englischen Originale bestellt.
Oh, und übrigens war meine Nachhilfeschülerin sehr gnädig und meinte sogar, ich hätte ihr kein neues Buch kaufen müssen. Ich frage mich, wo sie heute wohl ist.
Nun mögt ihr euch außerdem fragen, warum ein Verlag nur eines von fünf Bücher übersetzen wollen würde, aber - und damit stehe ich nicht allein da - dieses Buch braucht die anderen nicht unbedingt. Eine YouTuberin meinte, man könnte gut das zweite Buch zuerst und dann erst das erste lesen, was witzig ist, denn ursprünglich war das erste Buch als einzelner Roman gedacht, tatsächlich kam es acht Jahre vor dem zweiten heraus.
Ich habe "Wintersonnenwende" in den letzten 40 Jahren sehr oft gelesen, es ist regelmäßige Weihnachtslektüre für mich, die anderen vier hingegen nicht so sehr. Sie sind gut, aber fesseln mich nicht auf die gleiche Weise.
In den Büchern geht es um den Kampf zwischen "dem Licht" und "der Finsternis", gut gegen böse, und sie sind von der Artuslegende, keltischer und nordischer Mythologie und englischer Folklore inspiriert.
"Wintersonnenwende" handelt von Will Stanton, dem siebten Sohn eines siebten Sohnes. An seinem 11. Geburtstag, am Tag der Wintersonnenwende erlebt er seltsame und magische Dinge. Er kann sie nicht verstehen, bis er einen Fremden names Merriman Lyon (der Name deutet auf Merlin - Merry Lion - hin) und eine alte Dame kennenlernt, die ihm erklären, daß er der Letzte der Uralten ist, Wächter des Lichts, und daß es seine Aufgabe ist, die sechs Teile des Zeichenkreises zu finden, einer der vier magischen Talismane, die das Licht in seinem Kampf gegen die Finsternis benötigt.
Da die Wintersonnenwende die dunkelste Zeit im Jahr auf der nördlichen Halbkugel ist, ist dies die perfekte Zeit für die Finsternis anzugreifen.
Ich habe mir immer gewünscht, daß jemand diese Zeichen in echt herstellen würde, ich liebe ihre Beschreibung.
Sie haben alle dieselbe Form, einen Kreis, gevierteilt durch ein Kreuz in der Mitte.
"Erhebt die Finsternis sich wieder, wehren sechs sie ab;
Drei aus dem Kreis und drei von dem Pfad.
Holz, Bronze, Eisen; Wasser, Feuer, Stein;
Fünf kehren wieder und einer geht allein."
Ich habe schon mal darüber nachgedacht, wie ich am besten mein eigenes Zeichen machen kann, habe aber noch nicht die perfekte Idee gehabt.
Nun entschuldigt mich bitte, ich habe das Buch in diesem Jahr noch nicht fertig. Statt es leise zu lesen, lese ich es meinen Katzen vor. Das mag zwar länger dauern, aber in letzter Zeit neigt mein Gehirn dazu, sich leichter ablenken zu lassen. Zuviel geschieht zur Zeit und ich denke sowieso von Natur aus zuviel über alles nach. Haßt ihr es auch, wenn ihr einen Satz fünf Mal lest und dann bemerkt, daß ihr immer noch wißt, worum es eigentlich geht?
Laut zu lesen hilft mir dabei und die Katzen scheinen den Klang meiner Stimme auch zu genießen. Der Dekan wird ruhiger, Gundel schnurrt, und wenn sie einschlafen und etwas verpassen, nehme ich das nicht persönlich ;-)
Oh, noch eine letzte Notiz.
Sie haben das zweite Buch verfilmt - Wintersonnenwende - Die Jagd nach den sechs Zeichen des Lichts. Ich war schlau genug, ihn nicht anzuschauen, nicht mal bevor ich dann Bewertungen gelesen habe, und Mannomann, es gibt ein paar äußerst eloquente Kritiken da draußen (obwohl es natürlich auch ein paar Leute gibt, die den Film gar nicht so schlecht finden, so wie es auch Leute gibt, die das Buch für langweilig halten *keuch*).
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