Mittwoch, 2. April 2025

Das schönste Kleid der Welt

Als erstes möchte ich gestehen, daß ich mit diesem Post zwei Mal mogle. Er ist vom Event Springtime in Paris inspiriert, den Erin von Still Life, With Cracker Crumbs und Lisa von Boondock Ramblings diesen Frühling auf ihren Blogs haben.
Ich kann aber nicht auf alle Filme zugreifen. Für morgen haben Erin und Lisa geplant, den Film "Mrs. Harris und ein Kleid von Dior" von 2022 mit Lesley Manville anzuschauen. Ich habe zwar einen Teil davon im Fernsehen gesehen, aber nicht alles und kann mich wirklich nicht an alle Details erinnern.
Also bin ich stattdessen 30 Jahre vor diesem Film zurückgegangen und habe den Fernsehfilm "Das schönste Kleid der Welt" mit der wundervollen Angela Lansbury angeschaut.
Rebellin, die ich bin, poste ich das hier auch nicht am gleichen Tag, denn Donnerstag ist mein Stummfilmtag, und da ich in sowas eigen bin und nicht zweimal an einem Tag posten mag, bin ich schon heute da.

"Das schönste Kleid der Welt" basiert auf Paul Gallicos Buch, das im Deutschen "Ein Kleid von Dior" heißt. In den USA kam es als "Mrs. 'arris Goes to Paris" heraus, in Großbritannien als "Flowers for Mrs Harris". Beide Titel ergeben Sinn, ich weiß allerdings nicht, warum in England außerdem der Apostroph wegfiel, der auf Mrs. Harris' Dialekt hinwies. Ich habe das Buch im Internet Archive gefunden, allerdings nur auf Englisch, und habe es auch noch schnell gelesen, da es nur 157 Seiten hat.
Den Film findet man auch in der deutschen Synchronisation auf YouTube, nicht in der besten Qualität, aber anschaubar, auch wenn ich die Synchronstimme für Lansbury völlig unpassend finde.

Also dann, wer ist Mrs. Harris und warum geht sie nach Paris?
Ada Harris ist eine hart arbeitende Londoner Putzfrau mit wohlhabender Klientel.


Nach einer kurzen Einführung von ihr und ihrer Freundin Vi, ebenfalls Putzfrau, im Bus sieht man, wie sie bei Lady Dants Haus ankommt, wo sie zwei Diorroben am Kleiderschrank hängen sieht, von denen Lady Dant eines für den Krönungsball der neuen Königin auswählen will.
Mrs Harris ist hin und weg und fragt, wieviel ein solches Kleid kostet, und bekommt gesagt, daß es
£450 sind (ich habe das mal nachgeschaut, 1953 wären das wohl fast 5300 DM gewesen, was euch eine kleine Vorstellung gibt).
Von nun an ist Mrs. Harris von der Idee besessen, ein Kleid von Dior zu besitzen. Nachdem sie im Fußballtoto gewinnt, aber leider nicht den Jackpot, hat sie das Gefühl, daß das ein guter Start ist, und sie beginnt an allem zu knausern und zu sparen, indem sie sich Freuden wie Kino- oder Pubbesuche verkneift.
Sie braucht drei Jahre, um das Geld anzusparen. Ihr Plan ist, nach Paris zu fliegen, ein Kleid zu kaufen und am selben Abend zurückzufliegen.
Sie schafft es zu Dior und wird von der Managerin für die Kollektion, Madame Colbert, zurückgewiesen, aber ihre Tränen ändern Madames Meinung und sie besorgt ihr einen Sitz in der Nachmittagsvorführung, sehr zum Unmut des Direktors des Hauses und einer reichen Kundin. Ihr Sitznachbar ist ein Marquis, der von ihr bezaubert ist (weil er sich an die nette Putzfrau in der englischen Schule erinnert fühlt, die er in seiner Jugend besucht hat) und der Madames Weigerung gutheißt, Mrs. Harris wegzuschicken, als der Direktor dies verlangt.
Mrs. Harris wählt ein üppiges rosafarbenes Kleid, das von dem Model Natasha vorgeführt wird, ist aber am Boden zerstört, als sie erführt, daß es eine Woche dauern wird, es zu nähen, weil sie kein Geld hat, um in Paris zu bleiben. Mme Colbert und Natasha überzeugen André, den Buchhalter des Hauses, der in Natasha verliebt ist, sie bei sich wohnen zu lassen.
Die Anproben müssen jedoch geheim bleiben, um den Direktor zu umgehen.
Von da an hat Mrs. Harris Einfluß auf das Leben all ihrer neuen Freunde. Sie bringt den Marquis und seine Tochter und Enkelin wieder zusammen, sie hilft Natasha und André dabei, ihre Liebe füreinander zu finden, und mit Hilfe des Marquis erreicht sie Anerkennung für Mme Colberts Ehemann, der als Widerstandskämpfer im Krieg getötet wurde.
Als das Kleid jedoch fertig ist, erwischt sie der Direktor und befiehlt, daß sie das Haus verläßt und das Kleid zerstört wird.
Natürlich lassen sie ihre Freunde bei Dior nicht im Stich und nehmen Kontakt mit dem Marquis auf, der daraufhin Christian Dior selbst aufsucht.
Das letzte Problem ist, daß niemand Mrs. Harris etwas vom Zoll erzählt hat, für den sie natürlich kein Geld hat, aber auch dafür finden sie eine Lösung, indem sie ihr raten, einfach die Wahrheit zu sagen. Anstatt in einen Dior-Karton verpacken sie das Kleid in einem billigen Koffer, und als Mrs. Harris dem Zollbeamten sagt, daß sie ein Dior-Kleid darin hat, glaubt er ihr nicht und öffnet den Koffer deshalb gar nicht.
Am Ende sieht man, wie sie das Kleid in ihrer Wohnung aufhängt und sich dabei an Paris und die Party, die ihre Freunde für sie gegeben haben, erinnert - auch wenn Vi ihr das nicht abnimmt.


Ich habe Angela Lansbury schon immer sehr gemocht (obwohl ich nur ungefähr zwei Folgen von "Mord ist ihr Hobby" gesehen habe) und ich finde, sie war großartig für diese Rolle.
Dies ist kein tiefgründiger Film, es ist eine Schüssel tröstlicher heißer Suppe an einem kalten Tag, er feiert Freundlichkeit, die wiederum Freundlichkeit erzeugt, und dafür mag ich ihn wirklich gern.

Ihr wißt, daß es jetzt ein Aber kommt, oder?
Vergleichen wir ihn doch mal mit dem Buch, dann werdet ihr sehen, daß der Film hier und da abweicht.
- Im Buch geht Mrs. Harris zum Hunderennen, nachdem sie im Toto gewonnen hat, und setzt
£50 auf eine Hündin namens "Haute Couture", was sie als Zeichen ansieht. Sie verliert, aber kurz danach findet sie eine Diamantenbrosche und bekommt einen Finderlohn von £25, das ist für sie dann ein Zeichen, daß sie weitermachen, sich aber nicht auf das Glück verlassen soll. Im Film gibt es nur die Diamantenbrosche.
- Im Buch gibt es keinen Direktor, vor dem sie sich verbergen müssen.
- Mme Colberts Ehemann ist nicht tot. Er arbeitet für das Außenministerium und wird trotz seiner guten Arbeit nie befördert. Mrs. Harris erzählt dem Marquis davon und er kann dabei behilflich sein.
- Der Marquis erwähnt Kinder, die verstreut und weit entfernt sind. Man sieht keine von ihnen, es gibt keine Wiedervereinigungsszene. Er und Mrs. Harris sprechen jedoch über ihre Liebe zu Blumen, vor allem Geranien.
- Im Film hat Natasha einen übergriffigen reichen Freund, der von André geschlagen wird, als er Natasha beleidigt, woraufhin ihr klar wird, daß sie André liebt. Im Buch gibt es keinen Freund. André ist in Natasha verliebt und sie verliebt sich schnell in ihn, aber sie beide denken, es werde nicht erwidert und wagen nicht, etwas zu sagen, bis Mrs. Harris es einfach anspricht.
- Das Kleid ist völlig anders. Es wird erwähnt, daß es ein Kleid ist, das für eine viel jüngere Frau gedacht ist, aber es hat nichts von Aschenputtel. Im Buch ist es nicht ausladend und es ist aus schwarzem Samt mit Jettperlen - worauf ich stehe, also hätte ich das echt gern gesehen! - und das Oberteil ist ein Schaum aus weißem, creme- und rosafarbenem Chiffon, Tüll und Spitze.
- Der größte Unterschied in diesem Film ist allerdings das Happy End. Im Buch (und anderen Filmen) leiht Mrs. Harris das Kleid für eine Nacht einer ihrer Klientinnen aus, einer aufstrebenden Schauspielerin, die einen Produzenten beeindrucken möchte. Riesenfehler. Es gibt einen Unfall und das Kleid wird schwer angebrannt. Die Schauspielerin verschwindet eine Woche lang, ohne auch nur eine echte Entschuldigung oder irgendeine Entschädigung zu hinterlassen.
Mrs. Harris geht nach Hause, versteckt das Kleid im Koffer, weil sie nicht länger erträgt, es anzuschauen, und weint, bis sie vom beharrlichen Klingeln an der Tür gestört wird. Sie öffnet einem Boten die Tür, der ihr Mengen von Schachteln voller wunderschöner Blumen bringt (darum habe ich gesagt, beide Titel machen Sinn), die ihr ihre Freunde aus Paris geschickt haben.
Da entscheidet sie dann, das Kleid nicht reparieren zu lassen, denn was sie bekommen hat, ist kein Kleid, es ist Freundschaft, Erinnerungen, Abenteuer und Liebe - und das kann ihr niemand wegnehmen.


Ja, also das fehlt alles im Film und vielleicht hätte Angela Lansbury etwas rauher, etwas härter, am Ende etwas weniger glamourös aussehend sein können, aber hey, manchmal ist eine Schüssel heiße Suppe genau das, was man braucht.
Nicht tiefgründig, keine große Moral, einfach nur etwas Freude für alle.

Sonntag, 30. März 2025

Nadines Privatinsel

Ihr wißt vielleicht nicht, daß ich ein Riesenfan von David Zinn bin. Wenn ihr auf Facebook oder Instagram, YouTube oder TikTok seid, bin ich mir ziemlich sicher, daß ihr seine Arbeit schon mal gesehen habt.

Nun eine kleine Warnung oder Entschuldigung. Ich liebe Davids Kunst so sehr, aber ich weiß nicht, ob ich die richtigen Worte finden werde, um das zu erklären. Manchmal bin ich voller Worte, aber die richtigen kommen nicht raus. Das kann dann zu etwas führen, das in meinem Kopf total Sinn macht, aber aufgeschrieben nicht so sehr.


Das ist von Davids Website:
"Jetzt ist Mr. Zinn dank der Versuchungen einer Schachtel Straßenkreide an einem ungewöhnlich sonnigen Tag auf der ganzen Welt für die Kunst bekannt, die er zu seinen Füßen erschafft. Davids temporäre Straßenzeichnungen bestehen ausschließlich aus Kreide, Kohle und gefundenen Objekten und werden immer vor Ort durch einen Prozeß improvisiert, der (fast niemandem) als "ephemere pareidolische Anamorphose" bekannt ist.
Seinem
TEDx-Talk zufolge ist das keine "capital A Art" (Kunst mit großem K), sondern "small a art" (Kunst mit kleinem k).

Es ist Kunst, die nicht lange hält, Kunst, die man aus einem bestimmten Winkel sehen muß, um das Bild richtig zu erkennen, Kunst, die davon inspiriert ist, daß man eine Bedeutung oder ein Bild in etwas erkennt, das ursprünglich nichts damit zu tun hat, so wie man einer Wolke etwas erkennt, das für den Verstand Sinn ergibt, eine Kuh oder ein Auto.

Das letzte kennen wir alle. Ich sehe regelmäßig Gesichter, Drachenköpfe und anderes in meinen Badezimmerfliesen und das macht mir auch keine Sorgen, solange sie nicht anfangen, laut mit mir zu reden.
Was ich aber noch nie gemacht habe, ist, mit dieser Pareidolie zu arbeiten und Rissen, Linien, Kaugummiflecken, Blätter, Büsche oder Metallabdeckungen auf der Straße zu nutzen, um daraus etwas Witziges, Verrücktes, Herzerwärmendes zu machen. Ich habe ein paar Schmuckstücke gemacht, die als Art Kritzelei anfingen, zum Beispiel aus einem Stück verbogenen Draht, und daraus etwas Erkennbares gemacht, aber nicht so oft. Ich spiele zwar, aber die Ergebnisse sind meistens abstrakt.

David hingegen läßt uns an einer Welt aus Kreaturen teilhaben - wie Sluggo, das grüne Monster mit den Stielaugen, oder Philomena, das fliegende Schwein, Zwerge und Trolle, Hasen und Dinosaurier, Drachen und Hamster. Sie sind alle liebenswert, sogar die mürrischen, oft sind ihre Ängste und Freuden und Macken äußerst nachvollziehbar, und manchmal ist mir danach, ein Stück Straßenkunst zu umarmen oder mit ihm zu reden. Ich weiß, daß ich damit nicht allein dastehe, denn obwohl ich versuche, meinem eigenen Rat zu folgen und niemals die Kommentare auf sozialen Medien zu lesen, gibt es Posts, bei denen ich weiß, daß die Kommentare kein brennender Müllcontainer sind (wie es auf Englisch sehr passend genannt wird)
, und sie zeigen, wie sehr diese kleinen Kreaturen die Menschen ansprechen.

Ich bedauere sehr, daß ich niemals eine in echt sehen werde. David zeigt seine Kunst nicht nur in Bildern, sondern macht auch Videos davon, wie seine Kreaturen zum Leben erweckt werden, und es gibt auch Bücher, Drucke und Kalender, was wundervoll ist, aber egal wie gut ein Bild ist, glaube ich nicht, daß es genau dasselbe Gefühl auslösen kann.
Natürlich ist ein Punkt die Vorstellung, unerwartet darüber zu stolpern. In einem seiner Bücher sagt David, daß normalerweise nur ein paar Dutzend Leute seine Originalkunst zu Gesicht bekommen, wobei Festivals oder Veranstaltungen natürlich eine Ausnahme sind. Das ist nicht überraschend, wenn man sieht, wie Menschen herumrennen, ohne sich umzuschauen, mich selbst zweifellos eingeschlossen (außer dem Teil mit dem Rennen, daß ich so langsam laufe, könnte mir eine etwas bessere Chance verschaffen).
Es gab mal eine Zeit, in der ich auf meinem Heimweg bewußt nach oben schaute und Bleiglasfenster, Initialen an Häusern, sogar Mosaike entdeckt habe, die ich vorher nicht gesehen hatte. Ich glaube aber nicht, daß ich mir den Boden beim Laufen sehr bewußt anschaue, sondern nur wenn ich irgendwo sitze, und natürlich komme ich heutzutage sowieso nicht viel herum.
Wie groß wären meine Chancen also überhaupt, Kunst zu sehen, die mich nicht direkt anspringt wie zum Beispiel eine große Wand voller Graffiti?
Der andere Punkt ist, daß man auf den Bildern meistens von Anfang an den richtigen Winkel hat und man es nicht selber entdecken muß. Würde ich sonst überhaupt erkennen, was ich anschaue?
Würde ich Nadine sehen?

Ja, wir kommen endlich zu Nadine.
Sie ist mein absoluter Liebling, eine kleine Maus in einem blauen Kleid (hier könnt ihr ein paar Bilder von ihr finden). David nennt sie "eine Maus des Abenteuers".
Nadine schließt ohne Bedenken Freundschaften, mit Katzen, großen Fröschen, Schafen, Sluggo und sogar Drachen und dem Chalk Ness Monster.
Sie mag Abenteuer, genießt aber auch ruhige und einsame Zeiten mit einem Buch oder einem schönen Täßchen irgendwas.
Sie kümmert sich um Pflanzen, sie benutzt eine Kristallkugel, sie tanzt und sie scheint sehr im Moment zu leben und das zu genießen, was sie eben so tut.
Ich bin eine mürrische alte Katzenlady ... und ich glaube, ich beneide sie ein wenig darum, daß sie Nadine sein darf
😉

Vom ersten Mal an, als ich es sah, ging mir dieses Bild von ihr nicht mehr aus dem Kopf.

"Nadines Privatinsel"
Mit Erlaubnis von David Zinn

Das ist nicht das einzige Mal, daß ich Nadine mit einem Buch gesehen habe, aber im Vergleich zur Hängematte oder dem Baum ist das hier ein wirklich privater Ort.
Hätten wir nicht alle manchmal gern unsere eigene Privatinsel?
Vor allem heutzutage? Ein Ort, an dem uns die Welt wenigstens für ein Weilchen nicht berühren kann? Kein Telefon (obwohl mein Handy selten an ist, ist mein Festnetz rege in Gebrauch), keine Technik, keine Nachbarn, keine lauten Autos, nur wir und ein Buch. Ich hoffe, es sind keine nervigen Boote vorbeigekommen, aber wie ich Nadine kenne, wäre sie darauf wahrscheinlich auch vorbereitet.

Auf jeden Fall bekam ich dieses nagende Gefühl eines Bedürfnisses und einer Herausforderung.
Das Bedürfnis war der Wunsch, hieraus Fan Art zu machen. Die Herausforderung war die Entscheidung, was ich genau machen sollte und wie, und das war nicht so einfach. Am Ende schien nur Sticken das Richtige zu sein.
Also schnappte ich mir einen 9 cm-Stickrahmen - denn Nadine ist eine kleine Maus - und verbrachte ein paar spaßige Tage mit Sticken.



Meine Palme ist nicht ganz zu hoch und ich bekam auch nicht die ganze Insel drauf, aber Nadine scheint das egal zu sein.
Die Blätter waren zunächst ein bißchen problematisch, weil ich noch nie zuvor Stumpwork (3D-Stickerei) ausprobiert hatte und mit der kleinen Größe zu kämpfen hatte. Nach vier oder fünf Versuchen gab ich mich schließlich geschlagen und begab mich auf vertrautes Terrain zurück, soll heißen, ich fädelte die Blätter stattdessen (und nahm mir die künstlerische Freiheit heraus, sie heller zu machen, weil ich nicht mehr genug dunkelgrüne Perlen hatte).

Leider sind meine Messingrahmen einen Tick zu klein, das haut mit den gefädelten Blättern nicht hin, und meine Holzrahmen sind für diese Szene zu düster.
Ich werde irgendwann schon etwas finden.


Als ich mitten in der Nacht fertig war, machte ich ein schnelles und nicht sehr gutes Bild, und bevor ich wie üblich zuviel darüber nachdenken und kneifen konnte, schickte ich David eine Mail und bat ihn um Erlaubnis, dieses Stück öffentlich teilen zu dürfen.
Könnt ihr euch vorstellen, wie ich mich fühlte, als ich am schon am nächsten Tag eine Antwort bekam? Natürlich hatte ich auf eine gehofft, aber ich war mir da ganz und gar nicht sicher und vor allem nicht so schnell. Und wie ihr aus diesem Post erkennen könnt, war es ein Ja, was mir echt viel bedeutete.
Um Davids Worte aus dem TEDx-Talk zu benutzen, als er die Geschichte des ohrlosen Micky erzählte, ich war "kindisch glücklich".

Dies ist nur für mich, eine kleine Erinnerung daran, daß ich versuchen sollte, vielleicht manchmal mehr wie Nadine zu sein.
Ich lasse euch wissen, wie's läuft 😉
Außerdem bin ich mir sicher, daß es mich immer zum Lächeln bringen wird, wenn ich sie ansehe.

Donnerstag, 27. März 2025

Stummfilme - Das Cabinet des Dr. Caligari

Nach zwei ziemlich langen Filmen brauchte ich diesmal etwas ein wenig Kürzeres für meine Stummfilm"projekt".
Wir hatten ein Märchen und einen Abenteuerfilm, beide mit Happy End. Wie wäre es damit, etwas ganz anderes zu versuchen? Ich habe euch heute einen Horrorfilm mitgebracht und zwar, was als der erste echte Horrorfilm bezeichnet wurde - "Das Cabinet des Dr. Caligari" von 1920, den ihr hier auf YouTube anschauen könnt.
Ich bin kein großer Fan von Horrorfilmen, weil ich ein Feigling bin. Ich bekomme Alpträume, was den Dekan schreckhaft macht und Gundel dazu bringt, den Kopf über mich zu schütteln. Wenn ich also einen anschaue, mache ich das nicht, bevor ich schlafen gehe. Wird mir Dr. Caligari aber in meinen Schlaf folgen? Soll heißen, ist er auch heute noch gruselig?

Fangen wir wie üblich mit der Handlung an.
Zwei Männer sitzen in einem Garten. Eine Dame in Weiß geht vorbei, sie sieht aus, als wäre sie in Trance. Der jüngere Mann sagt "Das ist meine Braut." und fängt an, eine Geschichte zu erzählen.

Wir sind in der deutschen Stadt Holstenwall und es gibt einen Jahrmarkt. Ein junger Mann, Alan, überredet seinen Freund Franzis (den Erzähler), mit ihm dorthin zu gehen.
Als nächstes sieht man einen älteren Herrn zum Stadtsekretär, der ihn äußerst rüde behandelt, gehen, um eine Genehmigung dafür zu beantragen, sein Schaustück auf dem Jahrmarkt zeigen zu dürfen - einen Somnambulen (Schlafwandler). Seine Karte weist ihn als Dr. Caligari aus.
In dieser Nacht wird der Stadtsekretär ermordet.
Auf dem Jahrmarkt stellt Dr. Caligari Cesare, den Somnambulen vor, der seiner Aussage nach, seit 23 Jahren Tag und Nacht in einem Kabinett schläft, das an einen Sarg erinnert. Er befiehlt ihm aufzuwachen und fordert das Publikum - darunter Alan und Franzis - auf, Cesare eine Frage zu stellen, da er "die Vergangenheit kennt und die Zukunft sieht".


Obwohl Franzis versucht, ihn zurückzuhalten, geht Alan zur Bühne und fragt, wie lang er leben wird. Cesare antwortet "Bis zum Morgengrauen ...".
Nachdem sie den Jahrmarkt verlassen haben, ist Alan verständlicherweise beunruhigt, sogar noch mehr, als sie ein Plakat über den Mord sehen. Dann treffen sie Jane auf der Straße, eine junge Dame, in die sie beide verliebt sind. Sie stimmen überein, sie wählen zu lassen und Freunde zu bleiben, egal was kommt.
Leider wird Alan in dieser Nacht brutal erstochen. Franzis geht zur Polizei und läßt eine Untersuchung einleiten. Danach geht er zu Jane, um ihr die schreckliche Nachricht zu überbringen, dann triff er Janes Vater, um ihm zu erzählen, daß er Cesare des Mordes verdächtigt.
Inzwischen versucht ein Krimineller eine Frau auf dieselbe Weise zu töten, als er aber gefaßt wird, behauptet er, er habe nur die Schuld abschieben wollen und habe nichts mit den beiden ersten Morden zu tun.
Jane, die nicht weiß, daß Franzis und ihr Vater bei der Polizei sind, fängt an sich Sorgen zu machen und geht zum Jahrmarkt. Sie fragt Caligari, ob er sie gesehen hat und er zerrt sie in das Zelt und zeigt ihr Cesare.
Nach Alans Begräbnis geht Franzis zu Caligaris Wagen und findet ihn und Cesare dort schlafend vor.
In diesem Moment geht Cesare jedoch durch die Stadt (meine Lieblingsszene wegen der Art, wie er an der Wand entlangzutanzen scheint).


Er dringt in Janes Zimmer ein und versucht sie zu töten, kann es aber nicht über sich bringen. Stattdessen entführt er sie.


Er wird von einer Gruppe Männer verfolgt und läßt Jane fallen, er selber entkommt knapp und fällt tot um. Oder?
Franzis kann nicht glauben, was geschehen ist, weil er die ganze Nacht vor dem Wagen verbracht hat, aber als sie sich das Kabinett genauer anschauen, finden sie darin nur eine Puppe, die wie Cesare aussieht.

Caligari entkommt in die Irrenanstalt. Franzis folgt ihm und entdeckt, daß er in Wirklichkeit der Direktor der Anstalt ist. Franzis gelingt es, mehrere Ärzte zu überzeugen, Caligaris Büro zu durchsuchen, während er schläft, und sie finden ein Buch über Somnambulismus mit einer Geschichte, die "Das Cabinet des Dr. Caligari" heißt und von einem Mystiker handelt, der mit einem Somnambulen namens Cesare auf Jahrmärkten herumgezogen ist, den er durch Hypnose Verbrechen begehen ließ.
Als ein Somnambuler in die Anstalt eingeliefert wird, wird der Direktor von der Vorstellung besessen, selber zu Caligari zu werden und herauszufinden, ob so etwas wirklich möglich ist.
Nachdem die Ärzte das gelesen haben, wird Cesare zum Direktor gebracht, der einen Zusammenbruch bekommt, als er ihn sieht. Er wird in eine Zwangsjacke gesteckt "und seit diesem Tage hat der Wahnsinnige die Zelle nicht mehr verlassen".

Der Film geht jetzt zurück in den Garten, man sieht, wie Franzis und der andere Mann aufstehen und den Saal der Anstalt betreten, wo man verschiedene Leute sieht.
Jane ist dort, sie sitzt auf etwas, das wie ein Thron aussieht, sie lehnt Franzis' Bitte, ihn zu heiraten ab. Cesare ist dort, wach, lächelnd, mit Blumen in der Hand.
Als der Direktor in den Saal kommt, völlig normal aussehend im Vergleich zu seinem Aussehen in der Geschichte, hat Franzis einen Wutausbruch und behauptet, daß nicht er wahnsinnig sei, sondern der Direktor, der Caligari sei. Franzis wird in eine Zwangsjacke gesteckt und der Direktor sagt, daß er jetzt die Quelle seines Wahnsinns kennt und weiß, wie er ihn heilen kann.
Was ist wirklich? Was nicht?

Nach dem, was ich gelesen habe, gibt es unterschiedliche Theorien über unterschiedliche Komponenten des Films - die Handlung, die tiefere Bedeutung, die Rahmenhandlung, das Set, die Beleuchtung.
Ein paar Interpretationen wurden Jahre später entwickelt, Leute haben verschiedene Versionen von Geschichten erzählt, vielleicht auch Erinnerungen daran angepaßt, was so schön paßte.
Es gibt genug Quellen da draußen, in denen ihr über all das lesen könnt und ich werde ein paar am Ende des Posts anfügen, aber ich bin weder Filmhistorikerin noch -kritikerin, und obwohl ich die Artikel gelesen habe, finde ich nicht, daß es Sinn machen würde, wenn ich meinen Senf zu Theorien über Autorität, Schizophrenie oder wie sich Deutsche nach dem 1. Weltkrieg gefühlt haben dazugeben würde.

Stattdessen werde ich einfach darüber sprechen, wie ich den Film gesehen und gemocht habe.
Was offensichtlich als erstes den Blick einfängt, ist das Set. Fast von Anfang an, als man das gemalte Bild der Stadt als Hintergrund sieht, weiß man, daß in diesem Film nichts gerade oder gewöhnlich sein wird. Fenster, Wände und Straßen sind krumm und haben seltsame Winkel, Hocker sind lächerlich hoch (und sehen sehr unbequem aus), Schatten sind aufgemalt, alles scheint Teil eines bizarren und verdrehten Traums zu sein, in dem sich die Charaktere bewegen.

Sogar die Zwischentitel sind künstlerisch gemacht mit ihren stilisierten Buchstaben und geometrischen Formen und Kritzeleien.
Die Kostüme sind eine merkwürdige Mischung aus Zeitperioden, manche scheinen abstrakt (ich bin vor allem von dem Hut des Polizisten fasziniert). All das trägt zum expressionistischen Gefühl des Films bei.


Selbst wenn ihr erwartet, daß die Charaktere für den Horror sorgen, werdet ihr vielleicht überrascht. Dies ist kein Film, der einen vom Sitz springen läßt, es gibt kein offensichtliches Blutvergießen, kaum Kämpfe - dies ist ein Film, der sich an dich anschleicht, dunkel und grotesk.
Er lebt durch die Charaktere, Franzis, der so entschlossen ist, dieses Rätsel zu lösen, Jane, die hauptsächlich durch den Film zu schweben scheint, Caligari, dessen Bewegungen noch durch seinen seltsamen Gang, aber auch seinen Gesichtsausdruck, unterstrichen werden, und natürlich Cesare, obwohl er den größten Teil des Films über kaum menschlich scheint. Ich liebe die Szene, wie er in Janes Zimmer eindringt und man kann sich leicht vorstellen, daß viele Vampire auf dieser Szene basieren.

Die verlinkte Version hat eine Filmmusik, die von der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung sowie ZDF und ARTE in Auftrag gegeben und von Studenten der Hochschule für Musik Freiburg komponiert wurde.
Sie is - anders. Ich gestehe, daß ich im Bezug auf zeitgenössische Musik nicht sehr abenteuerlich bin - die darauf abzielt, "das historische Filmgeschehen in die Gegenwart zu vermitteln" - und zunächst mußte ich die Lautstärke herunterdrehen, daß es wieder mal (wie bei "Die verlorene Welt") etwas zuviel war. Nach einer Weile hatte ich mich aber daran gewöhnt, schätze ich, oder vielleicht nahm mich der Film so gefangen, daß sie in den Hintergrund trat.

Nun zurück zu meiner Frage - schafft Caligari es, mich zu erschrecken?
Könnte sein, daß erschrecken nicht das richtige Wort ist. Ich fühlte mich unbehaglich und es war ein gruseliges Gefühl und das wird mich eine Weile begleiten. Vielleicht werde ich versuchen, mich zu entscheiden, was ich über das Ende denke oder welche Bedeutung ich dem Film zuschreibe oder vielleicht bleibt mir auch nur das allgemeine Gefühl.
Ich kann das im Moment echt nicht sagen, aber ich weiß, daß ich empfehle, ihn wenigstens einmal anzuschauen, und sei es nur wegen des Einflusses, den er auf Filme danach hatte.

Quellen:
1. Olaf Brill: Caligari und die Folgen - Rezeption und Interpretation eines berühmten Stummfilms. Auf: Kinofenster.de, 3. Februar 2014
2. Rouven Linnarz: Das Cabinet des Dr. Caligari. Auf: film-rezensionen.de, 4. September 2020
3. Stefan Volk: Stummfilmklassiker "Das Cabinet des Dr. Caligari". In: Spiegel, 26.2.2020
4. Lena Krull: Historische Filmkritik: Das Cabinet des Dr. Caligari (1920). Auf: beruf:geschichte, 28. April 2015
5. Roger Ebert: A world slanted at sharp angles. (auf Englisch) Auf: RogerEbert.com, Reviews, June 3, 2009
6. Filmmusik live zu "Das Cabinet des Dr. Caligari". Auf: Hochschule für Musik Freiburg, News, 3. November 2015

Mittwoch, 26. März 2025

Nostalgie - PEZ

Vor einigen Jahren, als ich noch die "Fundstücke der Woche"-Posts machte, hatte ich ein paar, "Ich bin eine Sammlerin" genannt, in denen ich Vintagestücke zeigte.
Im Laufe der Zeit sind meine Sammlungen zum größten Teil nicht mehr gewachsen, aus unterschiedlichen Gründen, aber sie sind noch da und immer noch geliebt. Ich habe auch Vintagestücke, manche geerbt, manche geschenkt, manche von Flohmärkten, manche interessanter als andere.
Ich dachte also, es könnte Spaß machen, immer mal wieder welche davon zu zeigen und ihre Geschichte zu erzählen.

Kürzlich hatte eine Freundin auf Facebook geteilt, daß PEZ als Alternative zum Rauchen erfunden wurde. Inzwischen habt ihr vielleicht gemerkt, daß ich einer guten Trivia-Geschichte nicht widerstehen kann, also mußte ich das natürlich sofort überprüfen. Es ist wahr.


Dachte Ponder, die PEZ-Lady zeigt zur Decke?

PEZ versetzt mich in meine Kindheit zurück - wieder einmal, tut mir leid, aber darum ist das ja auch ein Nostalgiepost und nicht einer für den "Einfach nur so Samstag" - um genau zu sein, zum "TOTO-Laden", den wir kurz Toto nannten.
Ich wuchs in einer Wohngegend auf, die dennoch (fast) alles hatte, was man so brauchte. Zwei Kneipen, einen Einkaufsladen, ein kleines Café, eine Bäckerei, zwei Metzgereien, ein Schuhmacher, eine Apotheke, zwei verschiedene Banken, einen kleinen Laden mit Büroartikeln, eine Reinigung, zwei Läden mit Autozubehör (sie gehörten zusammen und hatten auch andere Sache wie zum Beispiel Zierklebeband), ein Spielplatz und der "Totoladen", so genannt, weil man dort nicht nur lose Süßigkeiten und Wundertüten (Überraschungstüten mit Kaugummi und kleinen Figürchen), Zeitungen, Zeitschriften, Zigaretten und Büroartikel bekam, es war auch eine Toto-Lotto-Agentur. Draußen an der Wand hingen ein Kaugummi- und ein PEZ-Automat.
Ich liebte Automaten, aber auch Kaugummiautomaten, in denen eine Mischung aus Kaugumi (den ich nie mochte) und kleinen Spielzeugen war, und es war wahrscheinlich gut, daß ich nicht viel Geld zur Verfügung hatte. Dennoch war es eine schwere Wahl zwischen dem PEZ-Automaten oder dem Versuch, eines von den Minifeuerzeugen oder ein billiges Ringlein aus dem Kaugummiautomaten zu bekommen.

Also dann, PEZ.
Der Name PEZ ist eine Abkürzung des Wortes "PfeffErminZ", es handelt sich um eine österreichische Marke. Eduard Haas III. erfand das Pfefferminzbonbon als gesunde Alternative zum Rauchen. Ursprünglich waren die Bonbons rund, das änderte sich aber schnell zur gepreßten Ziegelform. Sie kamen in kleinen Döschen, aber Haas wollte die elegante Gesellschaft ansprechen und suchte darum nach einem ebenso eleganten Weg, an die Bonbons zu kommen.
Also erfand der Ingenier Oskar Uxa den ersten PEZ-Spender, der einem schlanken goldenen Feuerzeug ähnelte, dann folgten die regulären Spender in bunten Farben. Ab 1955 erschienen die ersten Sonderformen - wie zum Beispiel Raumpistolen - und die ersten Spender bekamen einen Kopf.
Man kann Designs nach dem Jahr sortiert im "PEZ dispenser archive" anschauen.

In den späten 50ern kam Haas auf die Idee der PEZ Ladies
als Marketingstrategie, junge Damen, die in PEZ-Uniformen mit einem Pillboxhütchen gekleidet waren, in PEZ-Autos herumfuhren und kostenlose Proben verteilten.
Der Graphiker Gerhard Brause entwarf die Werbefigur, in Anlehnung an den Stil der US Pin-ups und in ein Pagenkostüm gekleidet, für die Nutzung auf Schildern, Verkaufsautomaten, Plakaten usw. wie auch den folgenden Replikastücken.






Der PEZ-Seite zufolge gab es in Deutschland und Österreich von den 50ern bis zu den 80ern 36000 Automaten - einer davon in unserer Gegend.
Nun muß ich ein Geständnis ablegen. Ich war nie eine große Freundin von PEZ, es gab Süßigkeiten, die ich wesentlich lieber mochte, aber ich war ein Riesenfan der Automaten oder vintage Verkaufsautomaten im Allgemeinen.
Ich habe zwar nur drei Spender, von denen ich zwei in einem amerikanischen Trödelladen gekauft habe (und von denen einer verschwunden ist, ihr könnt euch denken, wenn ich deshalb beschuldige, er ist klein und haarig), der andere war ein Geschenk, aber ich habe außerdem - diese abgenutzte kleine Schönheit mit einer moderneren PEZ-Lady, wahrscheinlich aus den 70ern oder 80ern.


An den Automaten mußten Änderungen vorgenommen werden, als die Preise erhöht wurden und man drei statt zwei Münzen einwerfen mußte, weil der Auffangteil, wo die Münzen gesammelt wurden, größer sein mußte.
Wie ihr sehen könnt wurden die "2x10pf" weggekratzt und ein neuer Einwurf angebracht, auf dem "3x10 PF" eingeprägt war.


Nicht alle Automaten enthielten auch die gleichen Süßigkeiten.
Zum Beispiel sieht man auf dem Bild oben fünf Sorten, "Orange" und "Citron" (warum eigentlich nicht "Zitrone"?), das Pfefferminz, den Kaugummi, den Traubenzucker und die Tomby Sahnekaramellen.
Ich habe den gleichen Automaten mit fünf Sorten gesehen, wenn ihr euch aber die Auswahl bei meinem anschaut, seht ihr, daß man das Doppelpack "Orange/Citron", den Traubenzucker, ein Doppelpack Kaugummi und Spearmint-Kaugummi und das Tomby aussuchen kann. Kein Pfefferminz.
Dadurch sieht der Automat auch irgendwie asymmetrisch aus. Ich frage mich, wie das entschieden wurde. Oder hatte es mit dem größeren Auffangteil zu tun?


PEZ-Automaten verschwanden mit der Einführung des Euro.
Dieser hier waren mindestens bis 1991 in der freien Wildbahn. Ich weiß das, weil "Jürgen" und "Siggi" aus dem Städtchen Beselich beschlossen, das Datum von, tja, was auch immer zu markieren - ist Siggi ein Mädchen und sie fanden keinen Baum, in den sie ihre Namen hätten ritzen können oder war es einfach eine spontane Idee - vor fast exakt 34 Jahren!


Quellen:
1. Theresa Machemer: How PEZ Evolved From an Anti-Smoking Tool to a Beloved Collector's Item. Auf: Smithsonian Magazine - Innovation, December 15, 2020 (englisch)
2. PEZ internationale Seite - Kultiges
3. PEZ internationale Seite - Geschichte
4. PEZ internationale Seite - Presse

Montag, 24. März 2025

Die drei ???

Die was??? (Seht ihr, was ich da gemacht habe? 😁)
Um ehrlich zu sein, denke ich, daß ich den Satz in Deutschland gar nicht brauche, wenn man an den Kult um die drei Fragezeichen denkt. Gibt es hier wohl jemanden, der echt noch nie davon gehört hat?
"Die drei 
???" = "Die drei Fragezeichen" sind bis zu meinem Auszug von daheim ein großer Teil meines Lebens gewesen.
Zuerst holte ich mir die Bücher als Kind aus der Stadtbibliothek, aber schon kurz danach zog die Geißel meines Lebens in mein Zimmer. Wißt ihr, ich teilte mir nämlich ein Zimmer mit meinem großen Bruder und als er auszog, mußte ich es mit meinem kleinen Bruder teilen.
Warum ich ihn die Geißel meines Lebens nenne, möchtet ihr wissen?
Versucht mal, dasselbe Hörspiel mehrere Male hintereinander anzuhören und dann wiederholt das einen Abend nach dem anderen ... und dann wärt vielleicht auch ihr soweit, euren kleinen Bruder verkaufen zu wollen
🤣
Ich muß das erklären.

Die Buchreihe um
"Die drei ???" wurde von Robert Arthur Jr. entworfen, der die ersten neun und das elfte Buch schrieb. Nach seinem Tod 1969 übernahmen andere Autoren.
Arthur hatte zuvor schon mit Alfred Hitchcock gearbeitet und erwarb eine Lizenz über die Nutzung seines Namens für die Serie vor seinem Tod 1980. Hitchcock arbeitete selber an keinem der Bücher mit, auch nicht an "seinen" Einleitungen, obwohl er auf den Covers älterer Ausgaben steht.
Die Originalreihe lief von 1964 bis 1987, mit einem kurzen Comeback 1989/90 unter dem Namen "Crimebuster Series". Legale Dispute verhinderten die Veröffentlichung von weiteren Büchern.
Mir war das bisher gar nicht bewußt gewesen, weil es kein Problem ist, das wir in Deutschland haben, wo der Franckh-KOSMOS Verlag, seit 1997 nur noch KOSMOS Verlag, Lizenzrecht an der Reihe hält. Als also die Originalreihe eingestellt wurde, übernahm ein Team von österreichischen und deutschen Autorinnen und Autoren und es ist kein Ende in Sicht (obwohl es ein paar holprige Zeiten gab, ebenfalls wegen der Rechte).

Wer sind
"Die drei ???"?
Im Original ist das einmal Jupiter Jones, der bei seinem Onkel und seiner Tante lebt, die einen Gebrauchtwarenhandel besitzen und zwei Helfer haben, Kenneth und Patrick. Er ist schlau und sehr logisch.
Peter Crenshaw ist der Sportler unter den drei und kein Fan der gefährlichen Situationen, in die sie Jupiter bringt.
Bob Andrews ist für Aufzeichnungen und Recherche zuständig, einmal weil er in den frühen Abenteuern durch eine Beinschiene behindert wird (im Deutschen ist es ein Gips), aber auch weil er zeitweise in einer Bücherei arbeitet (die Teile habe ich schon als Kind geliebt, warum Bob auch immer mein Liebling war).
Ihr Alter wird nie erwähnt, dem Kontext nach zu urteilen müßten sie aber so 13 oder 14 sein.

Sie haben ihr Detektivbüro mit Werkstatt, Dunkelraum, Telefon und mehr in einem Mobilheim (im Deutschen einem Wohnwagen) eingerichtet, sorgfältig hinter Schrott versteckt und durch mehrere Geheimeingänge zugänglich.
Ihre Fälle - der erste ist die Suche nach einem Spukhaus für  Alfred Hitchcock - werden mit Logik und Recherche aufgeklärt, egal wie mysteriös oder sogar übernatürlich sie zunächst zu sein scheinen.
Ich habe selber noch ein paar Bücher, darunter das erste "Das Gespensterschloß", mein liebstes, weil es die Anfänge des Detektivbüros erklärt.


Kommen wir nun zurück zur "Geißel".
Deutschland hatte nämlich nicht nur seit 1968 die Bücher. 1979 begann das Label EUROPA mit einer Hörspielreihe, die auf den Büchern basierte. Mein kleiner Bruder liebte sie. Deutschland liebte sie. Tatsächlich liebte Deutschland sie so sehr, daß die Beliebtheit der Hörspiele die der Bücher überholt hat - außer in einem Zeitraum, als es, ihr vermutet es wohl schon, legale Streitigkeiten gab.
Es gab Live-Auftritte vor Tausenden von Leuten mit denselben Sprechern, die auch jetzt noch die Hörspiele sprechen, nach mehr als 40 Jahren!
Die Hörspiele werden als Kassetten (!), CDs, MP3 veröffentlich, sie können auch gestreamt werden, aber nichts fühlt sich so an wie die alten Schallplatten, die mein kleiner Bruder gespielt hat, bis sie beinahe auseinandergefallen sind.
Außerdem gibt es jetzt noch soviel mehr, Ableger wie
"Die drei ???" Kids für ein jüngeres Publikum oder "Die drei !!!" mit Detektivinnen, Dinge wie Experimentboxen für Fingerabdrücke usw., Graphic Novels, Computerspiele, Hörbücher mit dem vollständigen Text, Filme, sogar ein paar Bücher, die für die, die üben wollen, ins Englische übersetzt wurden.
Ich habe selber mit den "Klassikern" aufgehört und hatte auch schon eine Weile gar keine mehr gelesen. Nur dank Liz, die auf ihrem englischen Blog ein paar Rezensionen von älteren Büchern hat
, dachte ich mir, ich könnte mal wieder zu etwas Altem greifen, und so fand ich dann zum ersten Mal das über die Unterschiede zwischen den amerikanischen und deutschen Versionen heraus.

Fangen wir mit den Namen an.
Ich weiß nicht, was in diesem Fall der Grund war, aber es ist ja nicht ungewöhnlich für Charaktere in Büchern, Filmen oder Comics, daß sie in verschiedenen Ländern auch verschiedene Namen haben. Dasselbe gilt für
"Die drei ???", nicht nur in Deutschland, sondern auch anderen Ländern, wo die Reihe herausgegeben wurde.
Hier wurde aus
Jupiter "Jupe" Jones also Justus "Just" Jonas, Peter "Pete" Crenshaw war Peter Shaw, und Bob Andrews durfte seinen Namen behalten.
Der Chauffeur Worthington, der die Jungs im Rolls-Royce herumkutschiert (vorübergehend nach einem Wettbewerbsgewinn, dann dauerhaft dank eines dankbaren Klienten), wenn sie nicht ihre Fahrräder nehmen können, heißt im Deutschen Morton.
Die Nemesis der Jungen E. Skinner "Skinny" Norris ist bei uns einfach nur Skinny Norris.
In den englischen Büchern sind die Helfer auf dem Schrottplatz aus Bayern und heißen Hans und Konrad, in den deutschen Büchern sind sie Iren mit Namen Kenneth and Patrick.

Nicht nur Namen haben sich geändert, die deutsche Übersetzerin hat auch andere Dinge verändert, wie zum Beispiel das Einfügen kleiner Anmerkungen "von Alfred Hitchcock", die es in den amerikanischen Büchern nicht gibt, hier und da läßt sie etwas aus oder übersetzt es recht frei - ich habe das am ersten Buch auf Deutsch und Englisch überprüft und aus irgendeinem Grund wird im deutschen Buch nie erwähnt, wenn jemand aus England kommt, zum Beispiel Worthington/Morton (obwohl er erwähnt, daß er mal in einem englischen Schloß gearbeitet hat). Das ist nur ein Beispiel.
Außerdem ist Bobs Fragezeichen in Deutschland die Farbe rot, nicht blau wie in den USA zugeteilt, und das Fragezeichen ist auch noch an der falschen Stelle.

Ebenfalls anders sind die Umschläge.
Auf einer Fanseite heißt es, sie fänden, das Weglassen der Illustrationen in den Büchern sei ein Grund dafür gewesen, daß die Leute das Interesse verloren. In Deutschland hatten wir gar nie Illustrationen im Text, außer Hitchcocks Gesicht bei den Anmerkungen, die ich oben erwähnt habe, also bin ich mir nicht so sicher, ob ich da zustimmen möchte. Ich denke, die Geschichten sind einfach wie so oft in lang laufenden Reihen nicht besser geworden.
Außerdem sind die deutschen Umschläge völlig anders. In jedem Land, in dem
"Die drei ???" veröffentlicht wurden, waren die drei Jungen auf dem Umschlag. Hier nicht.
Die beiden ersten Umschlagbilder wurden von Jochen Bartsch entworfen und die Bücher waren nicht sehr erfolgreich. Daraufhin reichte die Graphikerin Aiga Rasch ein eigenes Design ein und sagte, sie würde auf ein Honorar verzichten, falls das Layout nicht ankäme. Es kam an.
Vor ihrem Tod entwarf Rasch 88 Cover für die regulären Bücher und außerdem Cover für Sonderbände. Schwarze Umschläge für Jugendbücher waren an sich schon ungewöhnlich, aber der größte Unterschied ist, daß die oft stilisierten Bilder die Jungen überhaupt nicht zeigten. Rasch wollte, daß alle ihre eigene Vorstellung unserer Hauptakteure entwickelten. Stattdessen geben die Umschläge Hinweise auf die Handlung, ohne sie zu verraten.
Raschs Cover sind großartig und ikonisch, und ich bin mir sicher, daß ich nicht die einzige bin, die sich
"Die drei ???" nicht ohne ihren Stil vorstellen kann, warum ich auch keine anderen Ausgaben haben wollen würde. Bei so etwas kann ich stur sein.
Auf jeden Fall hat der Verlag versucht, ihrem Stil treu zu bleiben.

Während die Fanbasis in Deutschland immer stark war, scheint es, daß das Interesse in den USA in den 200ern wieder angefangen hat zu wachsen.
Tatsächlich hat
Robert Arthurs Tochter Elizabeth 26 neue Bücher angekündigt, die sie zusammen mit ihrem Mann geschrieben hat und von denen die ersten bald erscheinen sollen!

Es gäbe noch soviel mehr zu erzählen, aber die Fanseiten haben das schon viel besser erledigt, da bin ich mir sicher.

Ich denke, ich werde mich an die Klassiker halten und ab und zu einen davon lesen. Vielleicht besorge ich mir sogar eins von den Hörspielen und durchlebe alte Zeiten. Ich bezweifle aber, daß das Gefühl dasselbe sein wird, wenn mein kleiner Bruder nicht dabei ist
😉

Quellen:
1. www.3fragezeichen.de - Die Seite für Fans von Fans
2. Dreifragezeichen-Fan
3. Aiga Rasch
4. Die drei ??? auf Wikipedia
5. The Three Investigators ??? U.S. Editions Collector site (englisch)
6. The Salvage Yard - Elizabeth Arthur's Substack (englisch)

Samstag, 22. März 2025

Einfach nur so Samstag - Was steckt in einem Namen?

Ich war eins von "diesen" Kindern ... die Kinder, die ihren Namen nie auf einer Tasse, einem Schlüsselanhänger oder einem Aufkleber fanden.
Die Geschichte meines Namens - Catrin - geht so. Die Namen meiner Schwestern beginnen mit A und B, was Zufall war, aber als das dritte Mädchen ankam, hörte sich ein Name mit C praktisch nach einer Verpflichtung an. Meine Mutter sagte, daß sie aber keinen der üblichen Namen mit C wollte, die zu dieser Zeit beliebt waren.
Eine naheliegende Annahme wäre, daß sie von Caterina Valente beeinflußt war, die ein ganz schöner Star in Deutschland war und manchmal auch Catrin oder Kathrin genannt wurde, wobei die zweite Form, zusammen mit Katrin, die gewöhnliche Schreibweise war, aber sie sagte, das sei sie nicht gewesen. Vielleicht war es ja unterbewußt.

Jedenfalls mochte ich meinen Namen immer. Von all den Catrins, die ich im Laufe der Jahre kennenlernte, war ich die älteste und es fühlte sich immer etwas besonders an, obwohl das natürlich nicht heißt, daß ich die erste war.
Ja gut, dann mußte ich die Leute halt dauernd korrigieren und meinen Namen ständig buchstabieren (kein Problem, mein Nachname läßt sich auch unterschiedlich schreiben, also mußte ich das eh tun). Es war mir echt egal.

Alle Formen des Namens mit C oder K, mit h oder ohne, kommen von Katharina, was "Die Reine" bedeuten soll, vom altgriechischen "katharos" = "rein". Nun habe ich Seiten gesehen, auf denen es heißt, die Römer hätten das fehlinterpretiert, daß der Name von diesem Wort herstammt. Mir ist es so oder so egal.
Es war witzig, Kommentare von Frauen oder Mädchen zu lesen, mit allen Varianten des Namens, von denen ein paar ältere sagten, " er hätte sich wie ein Sammelbegriff für Mädchen angehört, weil es so viele gab" - nichts, daß ich selber so erlebt hätte - und andere, daß er zu hart klinge oder daß ihn Leute falsch als Katren ausgesprochen hätten - auch diese Erfahrung habe ich selber nicht gemacht. Manche sind sehr glücklich damit, andere mögen ihn nicht.

Eine amerikanische Seite informiert mich, daß Catrin mit C häufig in Deutschland und Wales vergeben wird und eine Verbindung zur alten Göttin Hekate hat (die einzige Seite übrigens, die das behauptet), während mir deutsche Seiten erklären, daß das C in Deutschland selten ist und der Name an sich viel in den 60ern und 70ern viel populäre als heute war.

Aber wartet mal, Wales? Tatsächlich wußte ich das und habe es durch eine Katalogfortbildung bei der Arbeit vor vielen Jahren herausgefunden. Meine Kurspartnerin, mit der ich den Computer teilte, gab den Namen im Scherz ein und wir waren beide sehr überrascht, das englische Buch "Catrin in Wales" zu finden.
Als das Kind, das seinen Namen nie irgendwo sah, außer es handelte sich um ein extra angefertigtes Teil wie der gravierte Füller, den mein Vater mir zum Schulanfang schenkte, oder das Glas, das meine Freundin gravieren ließ, als sie Zwiesel und seine Glasmacher besuchte, war es echt seltsam, meinen Namen so gedruckt zu sehen, also kaufte ich mir das Buch dann irgendwann. Es gibt übrigens ein Happy End.


Ja, Catrin ist ein Name, der 2010 in Wales sogar in den Top 100 war, und wißt ihr was, Ancestry sagt mir, daß das aus der walisischen Sprache kommt und "rein" bedeutet. Was ist auf einmal aus den Griechen geworden? Außerdem steht auf den meisten Seiten, es sei ursprünglich ein deutscher Name gewesen. Im Fall von Ancestry könnte es allerdings auch damit zu tun haben, daß "einige Inhalte ... von einem KI-Modell generiert werden ...".
Wollt ihr noch was wissen? Catrin gibt es auch in Schweden seit den 60ern, obwohl sie es anscheinend anders aussprechen.

Nun, als ich das erste Mal mit Amerikanern in Kontakt kam - ganz wörtlich, der Deutsch-Amerikanische Freundschaftsclub in der Stadt hieß Kontakt - wurde ich schnell zu einer Cat, einem Spitznamen, der für mich bis heute offensichtlich in Ordnung ist
😉
Deutsche nennen mich jedoch gewöhnlich nicht so und geben mir auch keinen Spitznamen (meine Familie tut es ab und zu).
Es gab ein paar in alter Zeit, lang lang her, aber sogar die wurden eher selten benutzt.
Mein Vater nannte mich Caeterle, die schwäbische Verkleinerungsform, ein paar sehr Mutige nannten mich Catrinchen, gewöhnlich um mich zu ärgern. Nur zwei nannte mich jemals Catinka und ich vergab ihn, weil ich sie mochte, aber ich war doch froh, daß es niemand sonst tat, weil ich nicht finde, daß es zu mir paßt.

Wie ist es mit euch?
Habt ihr eine Geschichte darüber, wie ihr euren Namen bekommen habt, wie ihr ihn mögt, schreibt, woher er kommt? Ich würde mich freuen, von euch zu hören!

Freitag, 21. März 2025

Pack die Vorräte an - Tränen des Juwelendrachen

Manchmal bin ich selber überrascht, wenn ich das Alter von Dingen in meinen Vorräten nachschlage.
Ich erinnere mich noch sehr lebhaft daran, wie ich zwei große Drachenaugen bestellte, weil es so schwierig war, mich für eine Größe und Farbe zu entscheiden. Damals hatte ich dem Perlenfädeln oder -sticken nicht mal das leiseste Interesse geschenkt und wußte nicht so recht, was ich damit tun sollte, vor allem auch weil sie so groß waren, aber sie sahen so hübsch aus, daß ich nicht widerstehen konnte.
Eins davon landete in einer Kette für mich, der ersten meiner wenigen "Split Loom"-Ketten, noch ziemlich früh auf meiner Perlenwebreise. Ich würde das so jetzt nicht mehr machen, aber bis jetzt hat die Kette meine regelmäßigen "Sitzungen der Zerstörung" überlebt, stattdessen hängt sie jetzt als Erinnerung an mein erstes SLN-Experiment, das ich wohl nicht wiederholen könnte, an meiner Wand.
Was mich aber wirklich überraschte, als ich in meiner Kaufhistorie nachschaute, war, daß ich die Augen am 2. Juni 2013 gekauft hatte - übrigens ist der Shop noch aktiv, der Preis ist nicht mal so sehr gestiegen, das Porto aber schon, nicht überraschend - und die fertige Kette am 28. Juni auf meinem Blog zeigte. Das war recht schnell, wenn man die Zeit bedenkt, die die Augen noch im Versand zwischen den USA und Deutschland verbracht haben.



Wie ihr seht, war ich mit dem zweiten Auge nicht ganz so schnell, es mußte mehr als 11 1/" Jahre in meiner Vorratsschublade verbringen!

Für einen Crafternoon - ein virtuelles Treffen mit ein paar Bloggerfreundinnen zum Quatschen und Basteln - brauchte ich ein Projekt und wählte spontan das Drachenauge für eine Perlenstickerei aus.
Um sicherzugehen, fädle ich gewöhnlich eine Fassung für meine Cabochons, der Anfang war also leicht.
Natürlich war ich nicht die einzige, die sich an Saurons Auge erinnert fühlte. Das Gelb fehlte, aber das war sowieso nicht die Richtung, die ich verfolgen wollte. Nur welche Richtung es stattdessen sein sollte, wußte ich absolut nicht.

Zum nächsten Treffen zwei Wochen später holte ich es wieder heraus, die Fassung war inzwischen fertig.
Um auf eine Idee zu kommen, halte ich einen Cabochon ab und zu einfach gern hoch und starre ihn an, manchmal geht das ein paar Tage lang so, dann krame ich in meinem Vorratsschubladen, um zu sehen, ob mich irgendetwas anschreit - Texturen, Formen, als erstes aber vor allem Farben.
Diesmal stieß ich auf meine geliebten Hexagonperlen und mein erster Gedanke war "Juwelendrachen". Hexperlen in einem dunklen Rot, einem Rot und einem Gold mit Silbereinzug, und Schwarz mit AB für Tiefe und Kontrast. Rocailles in ähnlichen Farben für extra Struktur.
Das würde so funkeln und glänzen, ganz und gar nicht wie Sauron.

Nachdem ich die Hälfte der Fläche mit Perlen bedeckt hatte, verlangte das Stück nach freier Form. Ich habe keine Ahnung, warum Perlensticken die Technik ist, bei der ich eine freie Form am liebsten mag. Vielleicht kommt es darauf an, wie ich die Perlen aufsticke. Wenn ich sie einfach in alle Richtungen fließen lasse, ohne daß ich zuerst über ein Muster nachdenke, scheint das die strengen Grenzen der Eigenform des Cabochons aufzubrechen und es fühlt sich falsch an, diesen Fluß dann einzuschränken, indem man ihn in die gleiche Form wie die des Cabochons zwängt. Keine Regeln, nur Vibes. Macht das Sinn oder ist das nur in meinem Kopf?
In dem Fall nähe ich nicht die Perlen auf, beschneide dann die Ränder der Stickunterlage, füge die Rückseite hinzu und schneide um deren Rand herum.
Stattdessen fange ich mit dem Sticken an, schneide dann irgendwann den Untergrund in eine Form, die mich anspricht, und sticke dann weiter. Manchmal schneide ich sogar noch während des Prozesses weiter, wenn es sich richtig anfühlt. Keine Regeln, nur Vibes.

Ich brauchte ein paar Tage, um alle Perlen aufzunähen, auch weil ich mich nicht zurückhalten konnte, das Stück ständig ins Licht zu halten, um das Funkeln zu bewundern, das sogar noch schöner war, als ich es mir vorgestellt hatte.
Für Anhänger, die so groß sind, bevorzuge ich normal eine gefädelte Schlauchkette, aber nachdem ich ein paar Sachen ausprobiert hatte, schienen mir Bänder in diesem Fall besser zu passen.

Die Kette war fertig, oder? Ah, aber die, die mich schon eine Weile kennen, wissen, daß es für mich sehr schwierig ist, etwas Baumelndem oder Fransen zu wiederstehen, und eine Idee schlich sich in meinen Kopf.

Nun ist die einzige Frage, warum der Juwelendrache weint ...