Ich muß gestehen, daß ich den heutigen Film - "Das Wachsfigurenkabinett" von 1924 auf zwei Mal angeschaut habe. "Das Wachsfigurenkabinett" ist ein Episodenfilm in drei Teilen, wobei der erste Teil am längsten ist, also war es leicht, danach eine Pause einzulegen.
Es scheint, daß meine Aufmerksamkeitsspanne ernsthaft leidet, wenn die Temperaturen in meiner Wohnung über in etwa 24 °C steigen, und jetzt gerade bin ich bei fast 27. Ich weiß, das hört sich für andere seltsam an, aber ich war nie ein Fan von Hitze.
Auf jeden Fall habe ich etwas zu kämpfen. Es war auch das erste Mal, daß ich einen ausgewählten Film (Der Student von Prag) dafür abgebrochen habe, daß er mich nicht ansprach, Wortspiel beabsichtigt, auch wenn es ein schlechtes ist, und mich mehr als einmal zum Einschlafen brachte.
Ob die Filmqualität schuld war - das Bild war sehr verschwommen - das Aussehen der Hauptfigur - sehr oberflächlich von mir, ich weiß - die Hitze, die meinen Schlafrhythmus völlig durcheinanderbringt, oder etwas ganz anderes, kann ich euch nicht sagen. Vielleicht sollte ich es irgendwann nochmal probieren.Originalposter, Public Domain
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Ihr wißt, wie's läuft, hier ist die Handlung mit Spoilern.
Ein junger Dichter ist auf einem Jahrmarkt, wo er sich Geschichten für ein paar Wachsfiguren ausdenken soll.
Der Betreiber des Kabinetts und seine schöne Tochter zeigen ihm die drei Figuren - Kalif Harun Al-Rashid, Zar Iwan der Schreckliche und Spring-Heeled Jack (da die Zensoren nicht glücklich damit waren, daß er Jack the Ripper genannt wurde). Er zeigt ihm, daß der Kalif seinen Arm verloren hat, was den Schreiber direkt auf eine Idee für die erste Geschichte bringt, in der ...Emil Jannings als der Kalif, Wilhelm Dieterle als der Schreiber/Assad,
Olga Belajeff als die Tochter/Maimune
... der Kalif auf seinem Dach eine Partie Schach spielt, nunja, eigentlich eine Partie Schach verliert. Seine Stimmung wird durch den Rauch, der vom Kamin des Bäckers Assad aufsteigt, nicht verbessert und er sendet den Wesir aus, damit er ihm Assads Kopf bringt.
Der Wesir nimmt ein paar Männer mit, schärft auch sein Schwert, wird dann aber von Assads Ehefrau Maimune und ihrer Schönheit abgelenkt, statt ihn also töten, geht er zurück zum Kalifen, um ihm von ihr zu berichten.
In der Zwischenzeit geraten der eifersüchtige Assad und Maimune in Streit, und um zu beweisen, daß er ein echter Kerl ist, geht Assad zum Palast, um den Wunschring des Kalifen zu stehlen, während der Kalif zu seinem Haus geht, um der schönen Maimune einen Besuch abzustatten.
Assad dringt in den Palast ein und schneidet den Arm des schlafenden Kalifen ab, um an den Ring zu kommen. In Wirklichkeit ist es aber eine Wachsfigur, zurückgelassen, um Haruns Eskapade und den Versuch, Maimune zu verführen, zu vertuschen.
Als Assad heimkommt, versteckt Maimune den Kalifen im Ofen. Assad gesteht sein Verbrechen und die Leibwache macht sich bereit, ihn zu verhaften, aber seine Frau benutzt den falschen Wunschring am Wachsarm, um den Kalifen wieder "zum Leben zu erwecken".
Außerdem "wünscht" sie sich, daß Assad Bäcker von Harun wird, der sie beide schützend unter seinen weiten Mantel nimmt.
Mit der Geschichte zufrieden beginnt der Schreiber mit der nächsten für Zar Iwan den Schrecklichen.Conrad Veidt ist ein großartiger Iwan der Schreckliche -
ich bin mir sicher, seine unglaublichen Augen helfen dabei!
Iwan wird nicht umsonst der Schreckliche genannt. Er läßt seine Gefangenen gern vergiften und sieht ihnen beim Sterben zu, während die letzten Sandkörner durch eine Sanduhr rinnen, die ihre Namen tragen. Als der Hofastrologe ihn warnt, daß einmal sein Name auf einer Sanduhr enden könnte, läßt Iwan den Giftmischer töten, der aber hat den Namen des Zaren schon auf eine riesige Sanduhr geschrieben, bevor er stirbt.
Am nächsten Tag wird Iwan zur Hochzeit der Tochter eines Adligen eingeladen. Aus Furcht vor Meuchelmördern tauscht er die Kleiden mit dem Adligen und tatsächlich wird der Mann ermordet.
Auf der Hochzeit zwingt er all die Gäste, die um den Vater der Braut trauern, dazu zu tanzen und feiern. Als er die Braut findet, wie sie über dem toten Körper ihres Vaters weint, entführt er sie und den Bräutigam.
Zurück im Kreml läßt er den Bräutigam foltern, als die Braut sich weigert, auf seine Annäherungsversuche einzugehen. Als sie fast aufgegeben hat, kommt der Astrolge mit der riesigen Sanduhr herein, die den Namen des Zaren trägt. Als Iwan vom Gedanken an seinen Tod abgelenkt ist, entkommt das Brautpaar.
Iwan, im Glauben, vergiftet worden zu sein, hat die Idee, die letzten Sandkörner vom Fallen abzuhalten, und so dreht er die Sanduhr herum ... und herum ... und herum ... bis ans Ende seiner Tage.Werner Krauß als Spring Heeled Jack (Jack the Ripper), sehr gruselig!
Als er mit der letzten Geschichte über Spring Heeled Jack anfängt, schläft der Schreiber ein und beginnt zu träumen, daß er und die Tochter des Betreibers über den Jahrmarkt hinweg von Jack verfolgt werden, der sie töten will.
Gerade als sie glauben, Jack entkommen zu sein, holt er zu ihnen auf und ersticht den Schreiber.
Die Tochter des Betreibers weckt ihn aus seinem Alptraum auf und er stellt fest, daß er sich selber mit seinem Stift gepiekst hat. Er gibt zu, geträumt zu haben, wie Jack sie ihm weggenommen hat, und bekommt ein Happy End zu seiner eigenen Geschichte, als sie sich küssen.
Was euch bestimmt als erstes auffallen wird ist, daß "Das Wachsfigurenkabinett" einer dieser frühen deutschen Filme des Expressionismus ist.
Die Besetzung ist eindrucksvoll mit großen Schauspielern dieser Zeit, Emil Jannings, Conrad
Veidt und Werner Krauß, die kunstvolle Kostüme tragen, und das Set, von Regisseur Paul Leni (zusammen mit Walter Maurischat gebaut) bereichert jede Geschichte.Assads Flucht aus dem Palast. Erinnert euch das Set an etwas?
Die seltsamen Winkel in Das Cabinett des Dr. Caligari vielleicht?
Da ist das kleine Heim des Bäckers und seiner Frau, das mit dem riesigen Kalif darin sogar noch kleiner aussieht. Tatsächlich sieht das Paar ebenfalls ganz schön klein aus, wenn es neben ihm steht.
Durch den großen Zaren sehen die Keller des Kreml sogar noch klaustrophobischer aus. Veidt war 1,89 oder 1,91 (ich habe beides gefunden) und hatte außerdem diesen brennenden Blick, der perfekt für die Rolle war. Von den drei Geschichte war dies seinetwegen meine liebste, obwohl Iwan wirklich kein netter Kerl ist.
Die dritte Geschichte war am kürzesten, aber eindrucksvoll. Ich glaube, wir könnten alle einen solchen Alptraum nachvollziehen.
Werner Krauß, der den Schreibe und seine Liebste über den Jahrmarkt jagt, könnte leicht einer meiner eigenen (glücklicherweise seltenen) schlechten Träume sein. Die Atmosphäre wird nicht nur vom Set unterstützt, sondern auch die Überblendung, die einen geisterhaften Jack dem Liebespaar folgen läßt.
Ich habe gelesen, daß dies ein früher Horrorfilm sei, aber da kann ich nicht komplett zustimmen, denn die Harun-Geschichte, die fast den halben Film ausgemacht hat, ist meiner Meinung nach kein Horror.
Leider hat es schon immer Tyrannen gegeben, die von einer Laune zur nächsten springen und danach handeln, ohne über andere nachzudenken.
Die Geschichte über Iwan ist gruselig und furchterregend, aber nicht so weithergeholt, wenn man sie die Geschichte anschaut.
Dann bleiben noch die sechs Minuten mit Jack, was meiner Meinung nach gut zu dieser Kategorie paßt. Wäre die Geschichte länger gewesen, hätte das guter Horror sein können, aber am Ende wurde das ziemlich schnell weggelacht, als der Schreiber aufgewacht ist.
Ursprünglich waren vier Geschichten geplant gewesen, aber die Geschichte um den Räuberhauptmann Rinaldo Rinaldini nach einem Roman von 1799 mußte aus Geldmangel fallengelassen werden. Ziemlich ironisch, findet ihr nicht, wenn man weiß, daß Rinaldini im Buch um sein Erbe gebracht wurde.
Ich finde, es wäre besser gewesen, eine kürzere erste und längere dritte Geschichte zu haben, der Film hat mir aber trotzdem gefallen.
Quellen (englischsprachig):
1. Fritzi Kramer: Waxworks (1924) - A Silent Film Review. Auf: Movies Silently, 3. Februar 2013
2. Alex Humphrey: Waxworks [Das Wachsfigurenkabinett] (1924) Review. Auf: Love Horror, 6. November 2020
3. Graham Fuller: Blu-ray: Waxworks (1924) review. Auf: theartsdesk.com, 24. November 2020
Es tut mir leid, daß meine Quellen meist nur englischsprachig sind, aber mein englischer Blog wird einfach mehr frequentiert und der Zeitaufwand für die Recherche ist oft so groß, daß ich nicht auch noch die Zeit finde, adäquate deutsche Quellen zu suchen. Sollte euch ein Artikel interessieren, gibt es Übersetzungsprogramme, die zumindest einen Eindruck vermitteln können.
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