Vor einigen Jahren, als ich noch die "Fundstücke der Woche" machte, hatte ich ein paar, "Ich bin eine Sammlerin" genannt, in denen ich Vintagestücke zeigte. Im Laufe der Zeit sind meine Sammlungen größtenteils nicht mehr gewachsen, aus verschiedenen Gründen, aber sie sind noch da und immer noch geliebt. Ich habe auch Vintagestücke, manche geerbt, manche geschenkt, manche von Flohmärkten, manche interessanter als andere. Ich dachte also, es könnte Spaß machen, immer mal wieder welche davon zu zeigen und ihre Geschichte zu erzählen.
Mein letzter Nostalgie-Post ist 1 1/2 Jahre her, ich habe aber in der Zeit auch überhaupt nicht so oft gebloggt.
Heute aber hat mir einer meiner kleinen Steiff-Teddys eine Geschichte erzählt. Es scheint, daß er auf Abenteuersuche ging und mitten im Nirgendwo einen großen (verglichen mit ihm) Automaten für Schokolade und Bonbons fand!
Leider war der Automat leer und Klein-Teddy war recht enttäuscht. Andererseits mußte er zugeben, daß er sowieso kein Geld bei sich hatte, wie leid hätte es ihm also getan, hätte es Schokolade gegeben, aber keine Möglichkeit ranzukommen!
Schauen wir uns den Automaten, den Teddy gefunden hat, mal etwas genauer an.
Es ist der "Victoria" Spar-Automat der Firma Stollwerck.
Stollwerck, ein Hersteller von Schokolade, Kakao und Bonbons, war die erste Firma, die 1887 Verkaufsautomaten in Deutschland aufstellte. Von ihrem großen Erfolg inspiriert beschloß Stollwerck, ab 1890 Miniaturversionen davon herstellen zu lassen, die die Kinder "rechtzeitig an Sparsamkeit" gewöhnen und ihnen eine "Anspornung zum Fleisse" geben sollten. Die Automaten wurden von der Firma von Friedrich Anton Reiche produziert, die auch für ihre Schokoladenformen (heute sehr sammelwürdig) bekannt war.
Wie funktioniert der Automat?
"Victoria" hat zwei Kammern, die mit Probepackungen von "Chocolade" und "Bonbons" befüllt werden konnten.
Das Haus hat zwei Kamine gleich Münzschlitze, und je nachdem in welchen Kamin man das 10 Pfennig-Stück warf, bekam man Schokolade oder Bonbons, wenn man die Schublade herauszog.
Der Text heißt: "Spare dein Geld, mein liebes Kind, Wirf es hier herein geschwind. Alles was du dir gespart, Wird für dich hier aufbewahrt."
Auf der Vorderseite steht außerdem noch: "Knusper, knusper Kneischen, Was klappert in mein Häuschen?", was sich natürlich auf die Münzen bezieht.
Um den Automaten wieder aufzufüllen und das gesparte Geld herauszubekommen, konnte man ihn an der Seite mit einem kleinen Schlüssel aufsperren, was das Abheben der Rückwand und des Dachs erlaubte.
Ich frage mich, wieviele Eltern ihn selber auffüllten und wieviele die Kinder einen Teil ihres Ersparten auf die Füllung verwenden ließen, um sie den Wert des Geldes zu lehren.
Aus dem obigen Zitat könnt ihr leicht erkennen, daß der Automat uns das Märchen von Hänsel und Gretel erzählt, allerdings mit einer kleinen Wendung.
Ihr könnt auch sehen, daß Teddy trotzdem sehr vorsichtig war, damit er keinen Ärger bekam!
1. "Hänsel und Grethel, verirrt und bang, Liefen im dunklen Wald so lang, Standen zuletzt vor'm Zuckerhaus, Kam eine böse Hexe heraus."
2. "Packte die Hexe die Kinder klein, Steckte sie in den Stall hinein, Fletschte die Zähne und freute sich, Sprach: Das giebt einen Schmaus für mich."
3. "Anders kam's als die Alte gedacht; Als sie den Backofen heiss gemacht Packte klein Grethel die Hexe am Bein, Schob sie geschwind in die Glut hinein."
Soweit kennen wir das Märchen, jetzt aber kommt die Wendung von Stollwerck.
4. "So erzählt's das Märchen dir, STOLLWERCK Zuckerhäuschen hier Sieht nicht so gefährlich aus, Schaut auch keine Hexe raus."
5. "Droben aus dem Fenster klein Schaut ein gutes Mütterlein, Bringst ein Stückchen Geld du ihr, Giebt sie stets 'was Süßes dir."
In unserem Stadtmuseum gibt es einen dieser Automaten, in den ich verliebt war, seit ich ein kleines Kind war.
"Victoria" wurde um 1900 herum produziert und ist ein gefragtes Sammlerstück, aber meinem Exemplar fehlt der rote Sockel, stattdessen ist es auf einer Metall/Holzplatte befestigt, was es erschwinglich genug für mich machte, damit mein Traum, meine eigene "Victoria" zu besitzen, wahr wurde.
Wenn nun nur auch Teddy noch seinen Traum von "Chocolade" und "Bonbons" erfüllt bekäme ...
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