Donnerstag, 31. Juli 2025

Stummfilme - Ein Mädel mit Tempo

Letzte Woche war sehr dramatisch, also ist es diese Woche wieder Zeit für ein bißchen Spaß, aber nicht so kurz wie beim letzten Mal.
Interessant ist, daß ich dank einer Kritik zum Film der letzten Woche auf diesen Film hier gestoßen bin, aber dazu kommen wir später.
Ich stelle vor - "Ein Mädel mit Tempo" von 1928.

Public Domain über Wikimedia Commons

Erstmal die Handlung (mit Spoilern):

Dies sind die Harringtons. Wir haben den Vater, der sich damit schwertut, sich der befehlshaberischen Mutter gegenüber zu behaupten, und wir haben zwei Töchter, Grace, die ältere, und Pat(ricia), die jüngere.
Grace wird von der Mutter immer bevorzugt, und obwohl der Vater auf Pats Seite ist und ihr manchmal zu helfen versucht, gewinnt Pat nie. Um es noch schlimmer zu machen, ist sie hoffnungslos in Graces Verehrer Tony verliebt, was für jeden außer ihm offensichtlich ist.
Bei einem Dinner im Jachtclub fällt Grace dem örtlichen Playboy Billy auf. Er bezaubert sie, bis das Dinner mit ihm in seinem Schnellboot verläßt. Pat sieht ihre Chance, Tonys Aufmerksamkeit zu bekommen. Sie fragt ihn nach Vorschlägen bezüglich eines Mannes, in den sie verliebt ist. Tony, der immer noch nicht kapiert, daß er besagter Mann ist, rät ihr, Persönlichkeit zu entwickeln und ihn so anzuziehen.
Mit der Hilfe von Büchern übt Pat Witzeleien, die ihre Mutter und Schwester davon überzeugen, daß sie verrückt geworden ist, ihr Vater aber meint, sie solle damit weitermachen.
Tony ist wegen Grace und Billy verärgert und wendet seine Aufmerksamkeit Pat zu, woraufhin Grace beschließt, daß sie doch Tony haben will.
Also hecken Pat und ihr Vater einen Plan aus, in dem Pat in Billys Haus geht und dann einen Angriff vortäuscht, damit Tony kommt und sie rettet. Billy ist jedoch so verkatert, daß er sie nicht mal bemerkt, egal was sie versucht.
Pat arrangiert alles so, daß es nach einem Kampf aussieht, schließt sich in Billys Schlafzimmer ein und ruft Tony an. Der Plan geht nach hinten los, als Tony sie abholt und dafür rügt, überhaupt allein zum Haus eines Mannes wie Billy gegangen zu sein. Seien wir ehrlich, der Plan war richtig dämlich und auch Billy gegenüber nicht fair.
Sie so am Boden zu sehen bewirkt, daß der Vater sich endlich ein Herz nimmt und die Mutter und Grace dafür tadelt, wie sie sich Pat und ihm gegenüber benehmen. Um sie zu erschrecken, verkündet er, daß er gehen wird und versteckt sich eine Weile draußen in den Büschen, bis Ma bereit ist, ihm zu versprechen, daß sie sich benehmen wird.
Am Schluß kommt Tony zurück und verlangt von Pat zu wissen, ob Billy der Mann ist, über den sie gesprochen hatte, und sie gesteht, daß es nicht Billy ist, sondern er. Sie küssen sich.


"Ein Mädel mit Tempo" ist eine Verfilmung der erfolgreichen Broadway-Komödie von Barry Conners, von der es zwischen 1925 und 1926 245 Aufführungen gab.

Die Handlung selber ist hier aber gar nicht so wichtig. Ich mochte einfach die Darstellung von Marion Davies sowas von gern. Ich hatte vorher noch nie von ihr gehört (nicht überraschend, denn es gibt natürlich soviele Leute aus der Stummfilmära, die ich nicht kenne) und wußte nicht, daß sie zwischen Drama und Komödie wechselte.
Dafür gab es einen Grund. Davies war die Geliebte des Zeitungsverlegers William Randolph Hearst - 35 Jahre lang bis zu seinem Tod - und Hearst wollte sie gern in großen dramatischen und epischen Filmen sehen (obwohl ich Kritiken gelesen habe, in denen stand, daß Davies auch ohne die Unterstützung von Hearst ein Star geworden wäre).
Regisseur King Vidor sagte, er habe Davies privat als sehr witzige Person erlebt, die zum Beispiel ihre Freunde mit Imitationen von Kollegen unterhielt. Er war nicht wild darauf, mit ihr an einem ihrer übliche Filme zu arbeiten.

Es war die richtige Entscheidung. Davies war tatsächlich sehr lustig in diesem Film, sehr gut auch vom Rest der Besetzung unterstützt.
Für Marie Dressler und Dell Henderson, die Ma und Pa spielten, war "Ein Mädel mit Tempo", ein Comeback nach jahrelanger Abwesenheit von der Leinwand. Es war toll, wie ich tatsächlich vor allem Ma in manchen Szenen zu hören glaubte 
🤣

Obwohl mich der ganze Film zum Lachen brachte, fand ich die folgende Szene am witzigsten.
Als Pat in Billys Haus ist (ein schrecklicher Plan übrigens und ihm gegenüber nicht sehr fair), schaut sie sich die Bilder seiner Lieblingsschauspielerinnen an, die herumstehen. Um ihn in seinem verkaterten Zustand auf sich aufmerksam zu machen, imitiert sie alle drei und ist dabei wirklich zum Schießen.

Die erste ist Mae Murray, die wegen der Art und Weise, wie sie ihren Lippenstift trug, auch "Das Mädchen mit den Bienenstich-Lippen" genannt.


Die zweite ist Lillian Gish aus dem Film von letzter Woche.
In einem Blog wird diese Spöttelei erwähnt und so fand ich dann diesen Film.
Obwohl ich bis jetzt erst einen von Gishs Filmen gesehen habe, sah das für mich echt gut aus.


Die letzte ist Pola Negri.


Das Filmende fand ich allerdings etwas gehetzt. Es ist schön, daß der Vater seine Chance bekommen hat, aber zwischen Pat und Tony ist nicht mehr soviel los. Trotz des Kusses war das etwas enttäuschend.

Das war wahrscheinlich bis jetzt mein Film mit den meisten Zwischentiteln. Es gab eine Menge davon und zeitweise stört das den Fluß im Film ein bißchen, aber eine Menge der Zwischentitel waren recht witzig, also kamen sie wahrscheinlich aus dem Stück und sie wollten sie nicht rausnehmen.
Die Witzeleien brachten mich echt zum Lachen, nicht weil sie extrem geistreich waren, sondern weil sie geradewegs von Facebook oder anderen sozialen Medien hätten kommen können.
"Weine nicht über verschüttete Milch - da ist schon genug Wasser drin." "Was ist ein Hot Dog? Ein Hamburger in Strumpfhosen." "Gäbe es den Regen nicht, gäbe es auch kein Heu, das man machen kann, wenn die Sonne scheint."
Oh, wie weit wir in fast 100 Jahren gekommen sind.

Ich habe den Film auf YouTube angeschaut. Der Besitzer des Kanals schrieb folgendes: "Ein weiterer liebenswerter Stummfilm auf YouTube hochgeladen, mit einem großartigen Katalog an tollen Jazzmelodien von vor 1929 ..." und ich muß sagen, daß die wirklich gut dazugepaßt und zum Spaß des Films beigetragen haben.
Der geht auf jeden Fall auf meine Wiederholungsliste!



Quellen:

1. Fritzi Kramer: The Patsy (1928) - A silent film review. Auf: Movies Silently, April 30, 2015
2. The Patsy (1928). Auf: Obscure Hollywood
3. Thomas Gladysz: The Patsy. Essay. Auf: Silent San Francisco Film Festival 2013
4. David Kiehn: The Patsy. Essay. Auf: Silent San Francisco Film Festival 2008


Es tut mir leid, daß meine Quellen meist nur englischsprachig sind, aber mein englischer Blog wird einfach mehr frequentiert und der Zeitaufwand für die Recherche ist oft so groß, daß ich nicht auch noch die Zeit finde, adäquate deutsche Quellen zu suchen. Sollte euch ein Artikel interessieren, gibt es Übersetzungsprogramme, die zumindest einen Eindruck vermitteln können.

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