"Seit ich ein Kind war, habe ich Andersens Märchen über die kleine Seejungfrau geliebt. Natürlich mußte ich immer meine Tränen schlucken, wenn ich zum Ende kam. Viele seiner Märchen sind bittersüß und ich selber fühle mich wirklich zu Happy Ends hingezogen, wenn nicht im Leben, dann wenigstens in Geschichten.
Für Andersen mache ich jedoch eine Ausnahme."
"Andersens Märchen - ein Geschenk von meiner Patentante. Es enthält nicht all seine Märchen, aber die, die ich am meisten liebe (vielleicht weil es die erste für mich waren?). Ich sehe die Illustrationen vor meinem inneren Auge, wenn ich an diese Geschichten denke. Ich frage mich, warum meine liebsten alle traurig sind ..."
"... vielleicht Zauberblumen, die heilen können, oder tanzende und sprechende Blumen wie die in Andersens Märchen "Die Blumen der kleinen Ida",
das ich sehr liebe, aber nun hätte ich Ida sagen können, wie sie es
geschafft hätte, daß ihre Blumenfreunde etwas länger durchgehalten
hätten ..."
"Habt ihr euch je gefragt, was Meerjungfrauen den ganzen Tag machen? ... Andersens Märchen gehört zu meinen liebsten."
"Eine
Meerjungfrau - und bei Meer denke ich automatisch an Meerjungfrauen,
wahrscheinlich weil Andersens Märchen seit meiner Kindheit zu meinen
(traurigen) Lieblingsmärchen gehört - konnte in ihrem wallenden Haar gut
lange Ohrringe tragen."
Das sind alles Zitate von meinem Blog. Wow. Ich schätze, ich liebe Andersens Märchen?
Das hier ist das Buch, das ich vor ungefähr 55 Jahren von meiner Patentante bekommen habe. Wie ihr sehen könnte, war das kein Buch, das im Regal herumstand, sondern eins, das gelesen wurde - OFT. Ich habe auch eine englische Ausgabe mit mehr Geschichten, aber wenn ich ein bißchen Andersen brauche, ist es dieses, das ich mir aus dem Regal hole.
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| Schwierig zu erkennen, vor allem in diesem Licht, aber es ist blau. Ihr solltet erst den Rücken und den Schnitt sehen. |
Ich liebte die Geschichten und ich liebte die wunderschönen Illustrationen des polnischen Künstlers Janusz Grabiański. Ich sehe nicht Arielle, wenn ich an die kleine Meerjungfrau denke, ich sehe dieses Bild von ihr als wunderbar ätherische Tochter der Luft am Ende.
Dieser Post wurde übrigens von einem anderen Buch inspiriert. Während der Erzählstunde in einem Buchladen, liest die Hauptfigur den Kindern "Das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzchen" vor. Falls ihr die Geschichte nicht kennt, nachdem das kleine Streichholzmädchen wunderschöne Visionen hat, erfriert sie am Schluß und ihre Seele steigt zum Himmel auf, wo ihre Großmutter ist, und am Morgen wird sie mit einem glücklichen Lächeln auf ihrem Gesicht gefunden.
Die Kinder drehen total durch und die Mütter ebenso, aber ein Mädchen bleibt zurück, um zu sagen, daß es sehr traurig war, daß sie es aber mochte, also kauft ihre Mutter das Buch für sie.
Da habe ich mich gefragt, wie ich eigentlich darauf reagiert habe, als ich ein Kind war. Ich meine, ich war im Heulen schon immer ein Profi, und ich bin mir sicher, ich habe es nicht nur wegen der kleinen Seejungfrau getan.
Nun gibt es natürlich haufenweise Interpretationen zu und über Märchen. Sie waren Warnungen für Kinder, sie sollen Kinder etwas über Emotionen lehren, über die Welt, über Beziehungen, über Richtig und Falsch und Konsequenzen, sie förden die Phantasie der Kinder und die Identifikation mit anderen und vieles mehr.
Darüber will ich aber gar nicht sprechen.
Ich möchte wissen, warum ich am liebsten all die traurigen mag. Okay, ich liebe auch welche mit Happy End. Däumelinchen zum Beispiel. Die Schneekönigin. Das häßliche junge Entlein. Aber wie steht es mit ...
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| ... Der standhafte Zinnsoldat? |
"Und als das Mädchen am nächsten Tag die Asche aus dem Ofen nahm, fand sie ihn darin als ein kleines, zinnernes Herz. Von der kleinen Tänzerin aber war nur eine Flitterrose übriggeblieben, und die war kohlschwarz gebrannt."
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| ... Der Tannenbaum? |
"Der Hausknecht kam und hieb den Baum in kleine Stücke. Ein ganzes Bündel lag da und flackerte hell auf unter dem großen Braukessel. Das Holz knisterte, und es schien, als seufze der Baum, und jeder Seufzer glich einem kleinen Schuß."
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| ... Der Engel? |
"Jedesmal, wenn ein gutes Kind stirbt, kommt ein Engel Gottes zur Erde hernieer, nimmt das tote Kind in seine Arme, breitet seine großen, weißen Flügel aus und fliegt über alle jene Stätten, die das Kind einst geliebt hat."
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| ... Die roten Schuhe? |
"Der helle Sonnenschein strömte warm durch Fenster in den Kirchenstuhl herein, wo Karin saß; ihr Herz wurde so voll von Sonnenschein, von Frieden und Freude, daß es brach; ihre Seele flog auf Sonnenstrahlen zu Gott, und dort war niemand, der nach den roten Schuhen fragte."
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| ... und natürlich "Die Blumen der kleinen Ida"? |
"Ida küßte die welken Köpfchen noch einmal und legte sie dann mit der Schachtel in die Erde. ... Und die beiden Jungen schossen mit ihren Pfeilen den Ehrensalut über das kleine Blumengrab, hoch durch die entlaubten Zweige in den blaßblauen Herbsthimmel hinein."
Und jetzt könnten wir auch über Andersen sprechen und darüber, warum er so viele traurige Geschichten geschrieben hat. Wir könnten über seine Kindheit sprechen, seine soziale Unbeholfenheit, seine schwierige Persönlichkeit, seine Queerness und unerwiderte Liebe, aber darum geht es auch nicht in diesem Post.
Also, warum brauchen Kinder auch traurige und gruselige Geschichten? Die Welt IST traurig und gruselig und glücklich und überraschend. Fiktion spiegelt das wider und erlaubt Kinder, in einem sichereren Raum damit fertigzuwerden.
Märchen sind sehr gut darin, traurig und gruselig zu sein. Als Kind habe ich eine Menge Märchen gelesen - ich liebte das große Regal in der Bücherei mit der Sammlung von internationalen Märchen, deren Bände so hübsche Buchrücken und schön gemusterte Covers hatten - und das waren nicht die "bereinigten" Versionen, die wir heute oft sehen. Verglichen mit einigen davon waren die, die ich gelesen habe ... ugh, ich kämpfe dagegen an, aber ich kann nicht widerstehen ... sehr grimm(ig). Autsch. Tut mir leid.
Es stimmt aber.
Und so einige davon haben mich mehr traumatisiert als Andersens Geschichten.
Wenn ihr mich jetzt also entschuldigt ... ich denke, ich schnappe mir mein Märchenbuch und werde etwas traurig.












































