Ich weiß nicht, ob es in eurer Familie dasselbe war, aber manche Bücher schienen einfach schon immer da zu sein.
Das Buch, über das ich heute sprechen will, war eins davon, was mir eine Überraschung bescherte, als ich mein Exemplar herauszog, weil das jedenfalls nicht das Familienexemplar war, und nicht nur weil ein Aufkleber mit einem fremden Namen drin ist. Ich meine mich zu erinnern, daß unseres viel abgegriffener aussah, wahrscheinlich keine Überraschung in einer großen Familie.
Es ist Sid Fleischmans erstes Kinderbuch "Firma Zaubermeister & Co." über einen reisenden Zauberer und seine Familie, und erst als ich als Erwachsene eines seiner anderen Bücher fand, wurde mir bewußt, wieviel mehr er geschrieben hatte, nicht nur Kinderbücher, sondern auch Drehbücher, Erwachsenenromane wie Detektiv- oder Abenteuergeschichten und Bücher über das Zaubern.
Ich weiß, daß ich dieses Buch als Kind geliebt habe, habe es aber schon ewig nicht mehr gelesen, wer weiß also, ob die Magie noch da ist (Wortwitz beabsichtigt!). Finden wir es gemeinsam heraus.
Die Firma Zaubermeister & Co. - das ist die Familie Hackett mit dem Vater Andrew Perkins Hackett, Mama, ähm, deren Name niemals erwähnt wird, und den Kindern Jane, Paul und Anne.
Dazu gehören noch Hokus und Pokus, die Pferde, die den Planwagen ziehen, und Madam Zuckererbse, die Kuh, die die Reisegeschwindigkeit vorgibt, und ein paar Kaninchen.
Die Geschichte spielt 1884 und erzählt von der Reise der Hacketts durch das Land. Ihr Ziel ist San Diego, wo sie endlich seßhaft werden wollen.
Auf ihren Reisen von Stadt zu Stadt unterhalten sie die Leute mit ihrer Zauberschau, in der jeder von ihnen eine eigene Rolle spielt, der Vater als Zaubermeister, bei dem ein Huhn Milch gibt, der Kaninchen aus Hüten zieht und mit der Laterna Magica Bilder zeigt, die Mutter am Klavier, Jane als die schlafende Prinzessin, die in der Luft schwebt, Paul als der allwissende Sphinx, und Anne ist die lebende Puppe im verzauberten Puppenhaus.
Es gibt aber noch mehr in ihrem Leben. Die Mutter, die früher Lehrerin war, gibt ihnen Unterricht, aber sie haben auch Abenteuer.
Sie haben eine Begegnung mit dem mürrischen Jeb Grimes, dessen Hund sie gefunden haben, für den der Vater seine goldene Uhr hergibt. Er ist so schlau, daß sie ihn in "Professor" umbenennen und er bekommt sogar seinen eigenen Auftritt in der Schau, weil er es liebt, Seil zu springen.
Sie helfen einem Sheriff dabei, den Dieb namens Western Jim (the Badlands Kid im Original), der Grimes' Gold gestohlen hat, zu fangen.
Sie fahren auf einem Hochrad, als sie einen wandernden Zeitungsmann und seine Familie treffen, die unterwegs sind, um eine neue Stadt zu gründen.
Sie benutzen die Laterna Magica, um Pferdediebe zu verjagen (dazu später noch mehr).
Der Vater führt ein paar Farmarbeiter hinters Licht, die einen Richter eingesperrt haben, nachdem er einen ihrer Freunde wegen Viehdiebstahls zu Gefängnis verurteilt hat.
Und dann gibt es da natürlich noch den Abakadabratag (was meiner Meinung nach natürlich Abrakadabratag heißen muß, wie es auch im Original steht!).
Das ist der geheime Familienfeiertag. Da die Kinder keine große Gelegenheit dazu bekommen, sich auch mal danebenzubenehmen, bekommen sie alle einen Tag, an dem es ihnen erlaubt ist, sich schlecht zu benehmen oder Streiche zu spielen, ohne daß sie dafür bestraft werden, aber sie dürfen es nicht vorher ankündigen.
Paul löst mit den Füßen den Knoten des Seils, mit dem Madam Zuckererbse an den Wagen gebunden ist.
Jane steckt während einer Schau ihre Haare hoch, obwohl die Mutter meint, sie sei zu jung dafür.
Anne fängt zehn Frösche, die sie während einer Schau freiläßt.
Am Ende schaffen sie es nach Kalifornien. Der Gedanke, nie mehr eine Zauberschau zu präsentieren, macht sie alle traurig, aber andererseits sind sie auch glücklich darüber, seßhaft zu werden. Jane wird Freundinnen für langer als einen Tag haben, Paul wird dem Vater auf der Farm helfen und Anne kann vielleicht die Ballettstunden nehmen, von denen sie geträumt hat.
Dann treffen sie Big Jim Norton. Er plant, ein Theater zu eröffnen und bittet sie, einmal in Monat eine Schau auf die Füße zu stellen und der Vater willigt ein.
"Donner und Doria! Das nenn' ich einen schnellen Handel! Wir könnten das zu einer Art von Familien-Abakadabratag ernennen. Einmal im Monat Magie für alle!"
Dieses Buch ist von 1962 und natürlich wirkt es so auch hier und da.
In einer Stadt gibt es einen "Holzindianer vor dem Tabakladen", was leider noch viel länger nicht ungewöhnlich war, und die oben erwähnten Diebe sind Indianer.
In einer Goodreads-Kritik steht zum Beispiel, daß es andere Bücher gibt, die nicht "Rassismus aufrechterhalten und normalisieren". Um ehrlich zu sein, ich finde, das ist zu weit getrieben. Es heißt, daß die Mutter gute und böse Indianer kennengelernt hat, es gibt keine Schimpfnamen (das Wort "Indianer" wurde zu der Zeit noch benutzt), und sie sind nicht die einzigen, die im Buch eine Bedrohung darstellen.
Was mir persönlich an diesem Teil des Kapitels am unangenehmsten war, war die Illustration, die dazu gehörte.
Ich denke, wenn man das Buch einem Kind vorliest, könnte man diesen Teil entweder überspringen oder ihn für eine kleine Geschichtsstunde nutzen.
Es kommt aber wahrscheinlich auf das Kind an, ob das eine lustige Geschichte ist, die ihm ein wenig über die alten Zeiten erzählt - wie die Erklärung des Zeitungsmanns, daß man eine Stadt gründen kann, indem man zunächst eine Zeitung gründet und dann so Leute anzieht - oder ob es sie für langweilig hält.
Ich finde, es ist immer noch ganz lustig.
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Los Angeles Times, CC BY 4.0, über Wikimedia Commons |
Fleischman schrieb das Buch übrigens für seine eigenen Kinder Jane, Paul (der ebenfalls Schriftsteller wurde) und Anne und widmete es ihnen.
In der fünften Klasse beschloß er, Zauberer zu werden. Nach dem Krieg schloß er das College ab und arbeitete als Reporter, dann wurde er Romanschriftsteller, was dazu führte, daß er Drehbuchautor in Hollywood wurde.
Durch das Schreiben von "Firma Zaubermeister & Co." für seine Kinder wurde er Kinderbuchautor, die Magie gab er aber nie komplett auf.
"Sie verstanden nicht, womit ich Geld verdiente. Andere Väter gingen morgens aus dem Haus und kamen am Ende des Tages zurück. Ich war immer im Haus. Ich beschloß das Geheimnis aufzuklären und schrieb ein Buch nur für sie."
Fleischman brachte gern Geschichte, Folklore und natürlich die Magie in seinen Büchern ein, aber auch Humor.
Der Sid Fleischman Humor Award, dessen erster Empfänger er war (neben vielen anderen Preisen, die Newbery Medal eingeschlossen), wird jedes Jahr von der Society of Children's Book Writers and Illustrators in seinem Namen vergeben.
Quellen (englischsprachig):
1. Sid Fleischman Website
2. Mr. Mysterious & Company auf Goodreads
Es tut mir leid, daß meine Quellen meist nur englischsprachig sind, aber mein englischer Blog wird einfach mehr frequentiert und der Zeitaufwand für die Recherche ist oft so groß, daß ich nicht auch noch die Zeit finde, adäquate deutsche Quellen zu suchen. Sollte euch ein Artikel interessieren, gibt es Übersetzungsprogramme, die zumindest einen Eindruck vermitteln können.