Vor ein paar Wochen habe ich zum ersten Mal "The Velveteen Rabbit or How Toys Become Real" (im Deutschen "Das Samtkaninchen") gelesen. Hier in Deutschland ist das Buch kein Kinderklassiker, aber ich habe es immer wieder erwähnt gesehen und dachte, es wäre jetzt doch mal Zeit, es zu lesen.
Wenn ihr es nicht kennt, hier ist die Handlung.
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Kein Samt-, sondern ein Kunstseidenplüschkaninchen von Steiff aus den 1940ern (nicht komplett, aber in wunderbarem Zustand) |
Es gibt verschiedene Arten von Sammlern.
Beim Sammeln kann es um die Vielfalt von Stücken gehen, ein gemeinsames Detail, um den finanziellen oder den emotionalen Wert, um das perfekte oder nicht perfekte Aussehen, um Farbe, um Gebrauch, um Seltenheit, um Geschichte, um Sentimentalität ... ich könnte so weitermachen.
Als Sammlerin von Steifftieren kann ich sagen, daß ein unbespieltes vintage Steifftier, möglicherweise sogar komplett mit Knopf, Schild und Fahne, die ja von Kinderhänden leicht abgerissen werden (keine Sicherheitsknöpfe damals), etwas ganz Besonderes hat. Ich frage mich immer wieder, wie das überhaupt sein kann. Hat es die letzten 50, 70, 100 Jahre oder mehr in einem Schrank verbracht, unberührt? Hat es in einer Blase gelebt (ich verwende absichtlich das Wort "gelebt", ihr werdet sehen warum)?
Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, daß ich nicht weiß, wie atemberaubend ein altes "neues" Steifftier sein kann. Es gibt Sammler, die nur nach solchen suchen, und sie sind bereit, den Preis für die (oft) wenigen Auserwählten zu bezahlen.
Und dann gibt es noch die anderen.
Ich werde niemals den Flohmarkt vergessen, auf dem ich diesen kleinen Kerl fand. Ich lief hinüber zum Ex, um ihn an den Stand zu zerren und ihm mitzuteilen, daß ich mich verliebt hatte.
Nun versteht ihr ja vielleicht nicht, wie sich jemand in das offensichtliche Opfer eines Mottenangriffs verlieben kann, das auch noch schaukelige Gliedmaßen hat.
Vielleicht denkt ihr sogar, daß das ein bißchen eklig oder verstörend ist.
Ich aber sah einen 80 Jahre alten Freund (inzwischen über 100).
Ein Kind liebte ihn so sehr, daß er immer noch da war, obwohl er fast sein ganzes Fell verloren hatte, liebte ihn so sehr, daß sich jemand die Mühe machte, diesem kleinen Kerl neue Pfoten aus weißem Leder (inzwischen auch abgewetzt) zu geben, sehr sorgfältig und sicher aufgenäht.
Ich erinnere mich, wie nervös ich als Kind war, als mein eigener Teddy Löcher in seinem Pfotenfilz hatte, und ich meiner Mutter dabei zusah, wie sie neue Pfoten aus Stoff aufnähte.
Das Kind gibt es wahrscheinlich nicht mehr, ihn aber schon, und oh die Geschichten, die er erzählen könnte! Vielleicht war er wie mein Teddy und sah zu, wie sein Kind erwachsen und alt wurde, bevor er auf einem Flohmarkt in Marin County landete, nur um dort von einem Paar Deutschen gefunden zu werden, die ihn zurückbrachten, nur 60 km von dort entfernt, wo er einst herkam.
Dem Samtkaninchen wird gesagt: "Wirklich ist nicht, wie du gemacht bist ... Es ist etwas, das dir passiert. Wenn dich ein Kind lange, lange Zeit liebt, nicht nur zum Spielen, sondern dich WIRKLICH liebt, dann wirst du Wirklich." ...
"Im allgemeinen ist fast all dein Haar abgeliebt, wenn du Wirklich bist, und deine Augen fallen aus und du wirst locker in den Gelenken und sehr schäbig. Aber diese Dinge machen überhaupt nichts aus, denn wenn du Wirklich bist, kannst du nicht häßlich sein, außer für Menschen, die es nicht verstehen." (eigene Übersetzung, ich habe das deutsche Buch nicht)
Spoileralarm: Die Spielzimmerzauberfee macht ihn Wirklich, ein echtes kleines Kaninchen.
Ich habe keinerlei Zweifel, daß dieser Teddy für sein Kind Wirklich wurde, so wie das Samtkaninchen für seinen Jungen, weil er geliebt wurde (auch wenn er seine Schuhknopfaugen noch hat). Vielleicht wartet er noch auf seine Fee und ich gebe ihm gern den Platz bei anderen Teddyfreunden, um das zu tun.
Denn das ist die Art Sammler, die wir waren, und es gibt auch andere wie uns. Sie lieben nicht nur die perfekten, sie lieben die geliebten, die, mit denen gespielt wurde, die mit "Makeln", von denen wir wünschten, sie könnten uns ihre Geschichten erzählen, alle, nicht nur die guten ...
Ich sag' nur.
Einer wie der andere hat seine eigene Schönheit.
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