Samstag, 6. Juni 2020

Das Kästchen

Vor ein paar Monaten brachte mir ein Kollege ein Holzkästchen und fragte, ob ich es haben wolle. Ich weiß nicht, ob es mal zu einer Bibliothek gehörte, aber es war etwas ramponiert, hatte einen etwas rostigen Schnappverschluß, und trotzdem dachte ich nur daran, daß ich irgendwann vielleicht mal Perlenstickerei ausprobieren würde, also sagte ich ja.
Seither war das Kästchen offen in meinem Flur herumgestanden, sodaß ich jedes Mal, wenn ich vorbeilief, daran erinnert wurde. Ich schätze, das war auch der Grund, warum ich das Stiff Stuff gekauft hatte (ein Untergrund für die Perlenstickerei), das ich kürzlich in einer Schachtel auf meinen Vorratsschubladen gefunden habe, und außerdem einige Cabochons aus dichroischem Glas.

Also probierte ich das mal aus. Erst kümmerte ich mich um all die Cabochons, und von da an nähte ich einfach drauf los, entschlossen, meine Vorräte an Stäbchenperlen und Rocailles zu dezimieren, und nachdem ich die "Tentakel" improvisiert hatte, erinnerte ich mich noch an ein paar Muschelkernperlen, die ich hatte, und fügte die der Mischung auch noch hinzu.
Hätte ich mich vorher für einen Hintergrund entschieden, hätte ich wahrscheinlich mehr hellere Farben für die Tentakel benutzt. Ich hatte einfach nicht darüber nachgedacht, wieviele Rocailles ich dafür brauchen würde, und die einzigen Farben, die ich in größeren Mengen hatte, waren schwarz und hämatit - ich hatte schon schwarze und hämatitfarbene Stäbchenperlen in den Tentakeln verwendet, das stand also nicht zur Wahl - und meine geliebten hämatit AB. Ich bekomme Entzugserscheinungen, wenn ich nicht genug Rocailles und Delicas von dieser Farbe im Haus habe, es war die erste, in die ich mich verliebt habe, und ich liebe es, die Perlen für Nachthimmel zu benutzen.
Der Hintergrund war eine gute Übung für das Kurvensticken.


Als ich das Stück fertig hatte, was ich so viele Stunden kostete, sah ich mir das Kästchen noch einmal an. Die Farbe des Holzes sah nun ganz falsch aus. Was nun? Eine Freundin von mir riet mir, Kreidefarbe in Erwägung zu ziehen.
Ich schaute mich um und bestellte dann welche, weil sie sich sogar für mich einfach genug in der Verwendung anhörte. Als sie ankam, war ich etwas überrascht, weil ich vom Bild her eine dunklere Farbe erwartet hatte, aber was soll's?
Ich schliff das Kästchen ein bißchen ab und trug ein paar Schichten Farbe aus, wobei ich diese zwischendurch immer trocknen ließ. Der Vorteil von Kreidefarbe ist, daß sie recht schnell trocknet (ein Vorteil, der mir die Idee wirklich schmackhaft machte ;-)). Anschließend schrubbte ich sie nur leicht mit der rauhen Seite eines Küchen-schwamms, weil ich nicht den vollen Shabby Chic-Look wollte, ich wollte nur, daß die Farbe nicht so einheitlich und langweilig aussah.

Ich bin keine Malerin und dies ist nicht perfekt, aber ich habe es nicht auf Perfektion abgezielt. Um es perfekt zu machen, hätte ich viel mehr mit dem Kästchen tun müssen. Es hat Macken hier und da, da ist noch der Schnappverschluß, der zögerte, all seinen Rost loszuwerden, während ich zögerte, nach einem neuen Schnappverschluß zu schauen, und so sind auch meine Pinselstriche nicht glatt. Das paßt ziemlich gut zu mir.

Als nächstes klebte ich das bestickte Stück auf. Da haben wir's nun. Oder nicht.
Ich war nicht mit dem Schnappverschluß nicht ganz glücklich, als ich beschloß ich, einfach einen Teil davon anzupinseln und ein paar Rocailles darauf zu verteilen. Bis jetzt sind keine heruntergefallen, aber ich glaube nicht, daß ich Gundel zu nah ranlassen werde!
Ich habe die Farbe nicht versiegelt, weil ich auch nicht vorhabe, sie Wasser auszusetzen (Kreidefarbe ist wasserlöslich). Nun muß ich nur noch eine Perlenmatte einkleben, weil das Innere auch etwas ramponiert aussieht.
Natürlich habe ich noch keine Idee, wofür ich das Kästchen benutzen soll ... was würdet ihr damit tun?

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen