Comfy, Cozy Cinema ist eine Zusammenarbeit von Lisa von Boondock Ramblings und Erin from Still Life, With Cracker Crumbs.
Sie haben eine Liste von Filmen zum Anschauen im September und Oktober. Ich bin spät ins Spiel eingestiegen, und da ich kein Abo für Streaming-Plattformen habe, hätte ich wahrscheinlich sowieso nicht alles anschauen können.
"Geisterkomödie", im Original "Blithe Spirit", das diese Woche dran ist, kenne ich allerdings.
Ich spreche über den Film, der 1945 nach Noël Cowards Theaterstück von 1941 gedreht wurde, das er in sechs Tagen schrieb, um dem britischen Volk "eine Ablenkung vom Krieg, ein Hoch auf britisches Leben und einen Grund dafür, für dieses Leben weiterzukämpfen" zu geben, und das sowohl im Londoner West End und am Broadway sehr populär war, obwohl es ein paar Kritiker gab, die fanden, Geister und Tod seien kein angemessenes Thema zu dieser Zeit.
Im Laufe der Jahre gab es zahlreiche Aufführungen des Stücks.
Außerdem gibt es ein Filmremake von 2020, das aber nicht so sehr beliebt zu sein scheint. Ich habe es selber nicht gesehen.
Also, worum geht es bei "Geisterkomödie" (es kommen haufenweise Spoiler, falls ihr den Film also noch nicht gesehen habt, das aber gern würdet, solltet ihr jetzt vielleicht nicht weiterlesen!)?
Auftritt Charles und Ruth Condomine.
Charles ist Schriftsteller, Ruth seine zweite Frau, seine erste Frau ist vor einigen Jahren gestorben.
Zur Recherche für einen neuen Roman laden sie ein örtliches Medium, Madame Arcati, und Dr. und Mrs. Bradman ein, um eine Séance abzuhalten. Keiner von ihnen glaubt wirklich an Séancen und sie erwarten eher amüsiert zu werden anstatt überzeugt, daß es eine Geisterwelt gibt.
Nach dem Dinner beginnt Madame Arcati, ihre spirituelle Verbindung, Daphne, ein kleines Mädchen, zu kontaktieren, und das Tischchen bewegt sich wie wild (als ob wir nicht die üblichen Tricks kennen würden, wie das funktioniert, richtig?). Es wird jedoch sogar noch schlimmer, nachdem Daphnes Stimme aus Madame Arcati spricht, die daraufhin bewußtlos zu Boden fällt.
Und dann hört Charles eine Stimme, die sonst niemand hören kann, also behauptet er, er habe nur einen Scherz gemacht. Das Dinner ist vorbei, die Gäste sind weg, aber ein "Gast" ist gerade angekommen - es ist Elvira, die als Geist zurückgekehrt ist und sagt, Charles habe sie gerufen.
Nun fangen die Probleme richtig an. Nur er kann Elvira sehen und Ruth ist ganz und gar nicht amüsiert. Sie denkt, er habe einfach nur zuviel getrunken, bis Elvira Sachen bewegt, um zu beweisen, daß sie wirklich da ist.
Ruth sucht Madame Arcati auf und verlangt von ihr, Elvira, die sie verspottet, wieder loszuwerden. Inzwischen versucht Elvira, Charles mit sich in die Anderwelt hinüberzunehmen, aber ihr Plan läuft schief und stattdessen stirbt Ruth, wodurch Charles nun zwischen zwei toten Ehefrauen gefangen ist, die sich die ganze Zeit streiten.
Madame Arcati tut alles, um sie beide in die Anderwelt zurückzuschicken, aber alle Versuche scheitern - bis sie herausfindet, daß es tatsächlich das Hausmädchen Edith war, die sie versehentlich heraufbeschworen hat, und versetzt sie in Trance, um die Geister fortzuschicken, was auch zu funktionieren scheint, aber bald zeigt sich, daß sie immer noch da sind.
Also folgt Charles Madame Arcatis Rat, für einen langen Urlaub wegzufahren, hat aber einen tödlichen Unfall und wird selber zum Geist, mit seinen beiden Ehefrauen vereint.
Dieses Ende, mit dem Coward nicht glücklich war, ist anders als das des Theaterstücks, in dem Charles fortgeht.
Aber jetzt mal ehrlich, ich finde, er hat es verdient, bei Ruth und Elvira festzusitzen, und ich finde auch, daß sie es alle verdient haben, miteinander gefangen zu sein, weil ich keinen von ihnen wirklich mag.
Und das ist tatsächlich auch, was Coward beabsichtigt hat, eine Geschichte über den Tod und Geister zu machen, die selbst in Kriegszeiten niemanden aufregen würde, einfach weil keiner von ihnen nett ist.
Charles wird am besten vom Titel beschrieben. Er ist ein "blithe spirit", eine Frohnatur, und er scheint sich recht schnell an den Gedanken zu gewöhnen, daß Elvira herumhängt, sogar trotz seines ihres Verhaltens Ruth gegenüber, ihm ist wirklich nur wichtig, daß er selber nicht geärgert wird.
Ich frage mich, ob ich ihn sogar noch weniger mag, weil ich Rex Harrison nie mochte.
Ruth ist effektiv und versucht alles zusammenzuhalten, scheint mir aber ziemlich leidenschaftslos zu sein, selbst wenn sie sich Sorgen macht und ärgert. Es hat was von der britischen steifen Oberlippe, du hast ein Problem, du zeigst nicht, wie nahe es dir geht, du kümmerst dich einfach darum.
Tatsächlich frage ich mich, wie die beiden überhaupt jemals zusammengekommen sind.
Nun, und Charles und Elvira miteinander - sie waren gar kein so wundervolles Paar, was man schnell erfährt, als sie versuchen, sich gegenseitig damit übertreffen, sich zu erzählen, mit wem sie während ihrer Ehe eine Affäre hatten, und sich ständig provozieren.
Warum also liebe ich diesen Film trotzdem?
Es ist natürlich Madame Arcati.
Vor einer Weile las ich auf einer Seite so etwas wie "ihr kennt Margaret Rutherford vielleicht nicht aus Filmen" und mein erster Gedanke war, daß sie nicht in Deutschland leben können, wo sie ja die Miss Marple-Filme noch regelmäßig ausstrahlen.
Ich liebe Margaret Rutherford und sie war einfach perfekt für diese Rolle, die sie übrigens auch im Theaterstück spielte.
Viele Leute sagen, daß sie den anderen absolut die Show gestohlen hatte und das hat sie auch.
Während es schade ist, daß sie immer auf den Typus der exzentrischen alten Dame festgelegt wurde (von ihrer Lebensgeschichte mal ganz zu schweigen, die gleichzeitig traurig und sehr merkwürdig ist), da ich sicher bin, sie hätte viel mehr drauf gehabt, ist es doch, wie ich schon als Kind kennengelernt habe und ich liebe es einfach, wie sie das verkörpert.
Madame Arcati ist nicht das, woran man vielleicht beim Wort "Medium" sofort denkt. Ja, sie ist ein bißchen verrückt, aber statt dem Turban, den man so oft sieht, hat sie eine leicht zerzauste Frisur, statt eines bestickten Kaftans oder dramatisch wallenden Gewändern trägt sie bequeme Omakleider, und es gibt gar kein klischeehaftes Drama.
Tatsächlich ist sie für jemand, der sich mit dem Übernatürlichen beschäftigt, sehr bodenständig.
Sie erwähnt zum Beispiel, daß die kleine Daphne gerade eine Erkältung gehabt hat, das arme Kind (Geister können sich erkälten?), sie liebt das Radfahren (wie auch Rutherford selber) und trägt dabei eines dieser wundervollen "Miss Marple Capes" (ich hätte zu gern selber eins), sie hat ein gemütliches kleines Cottage anstatt ihre Gäste in einem dunklen Raum mit langen Vorhängen zu empfangen, und sie ist ganz ehrlich daran interessiert, das Geisterproblem zu lösen anstatt nur mysteriöse Hinweise fallen zu lassen.
Wenn ich so drüber nachdenke, erinnert sich mich an eine schwäbische Großmutter der alten Zeit, im Kittelschurz, die sich dran macht, Dinge zu erledigen, nur daß Dinge in dem Fall kein Garten, kein schmutziger Boden und kein üppiges Mahl sind, sondern eben sich um Geister zu kümmern. Bis zum Schluß gibt sie nicht auf und sie tut es mit soviel Ausdruck und körperlichem Einsatz und unendlichem Optimismus, daß sie das schon hinbekommen wird.
Allein um das zu sehen, würde ich sie für eine Séance engagieren, ohne zu zucken!
Jetzt kommt die große Nachdenkerei, die ich einfach nicht stoppen kann.
Ich wünschte, sie hätten den Teil mit dem Hausmädchen Edith erklärt. Wie hat sie diese zwei Damen heraufbeschworen? Hat sie sich anschließend daran erinnert, was passiert ist? Ist sie Madame Arcati von da an aus dem Weg gegangen? Hat sie eine Stelle bei netteren Leuten gefunden? Was ist mit dem Haus passiert? Hat Madame Arcati wohl weiterhin versucht, jetzt alle drei zurückzuschicken? Hat sie irgendjemand davon erzählt, was geschehen ist? Hat sie je mit den Bradmans darüber gesprochen?
So könnte ich weitermachen ;-)
Jetzt aber mal ernsthaft. Geistreicher Dialog hin oder her, ich bin mir sicher, daß ich ohne Margaret Rutherford nach zehn Minuten ausgestiegen wäre.
Vielleicht versuche ich mal das deutsche Remake aus den 60ern anzuschauen, um zu sehen, ob und wie das mein Gefühl gegenüber der Handlung und den Figuren ändert.
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