Samstag, 19. Oktober 2024

Comfy, Cozy Cinema 2024 - Das Fenster zum Hof

Comfy, Cozy Cinema ist eine Zusammenarbeit von Lisa from Boondock Ramblings und Erin from Still Life, With Cracker Crumbs.
Sie haben eine Liste von Filmen zum Anschauen im September und Oktober. Ich bin spät ins Spiel eingestiegen, und da ich kein Abo für Streaming-Plattformen habe, hätte ich wahrscheinlich sowieso nicht alles anschauen können - aber "Das Fenster zum Hof" ist natürlich einer der Hitchcock-Filme in meiner altmodischen DVD-Sammlung.

Copyright von Paramount International. Künstler unbekannt. Public Domain, über Wikimedia Commons


Macht euch auf ein paar Spoiler gefaßt, falls ihr es also bis jetzt tatsächlich geschafft habt, diesen Film nicht zu sehen, wollt ihr jetzt vielleicht nicht weiterlesen, allerdings verrate ich diesmal nicht das Ende.

Was würdet ihr tun, wenn ihr einen Gips hättet, der es euch wirklich schwermachen würde, euch irgendwie zu bewegen, also verbringt ihr die meiste Zeit eurer Genesung in einem Rollstuhl in eurer Wohnung?
(Zeit für zuviel Nachdenken: Würde man heute überhaupt noch einen solchen Gips benutzen? Ich mußte mal schnell googlen und wie es aussieht, ist das sehr selten der Fall. Nachdenken Ende.)
Wärt ihr ein erfolgreicher Fotograf mit viel Energie, wärt ihr wohl kaum damit zufrieden, mit Perlen oder Nadeln zu spielen, wie wir das vielleicht zur Ablenkung täten. L.B. "Jeff" Jefferies ist ein solcher Fotograf, und wie er so in seiner heißen Wohnung festsitzt und gelangweilt ist, verbringt er seine Zeit damit, die kleine Welt zu beobachten, die er durch sein Fenster sehen kann - das heißt, er spioniert seine Nachbarn aus, die hübsche junge Tänzerin, den Komponisten, der an einem neuen Musikstück arbeitet, die Frischverheirateten, die einsame Frau, die Bildhauerin, und dann sind da noch der Mann und seine kranke Frau, die kaum jemals aus dem Bett aufsteht.

Lisa ist Jeffs Freundin, ein wunderschönes Model, das regelmäßig zu Besuch kommt, und dann ist da Stelle, die Krankenschwester. Anfangs lehnen sie beide Jeffs Zeitvertreib völlig ab, aber dann werden auch sie immer mehr hineingezogen, vor allem als die kranke Frau plötzlich verschwindet.
Jeff ist überzeugt, daß ihr Mann sie ermordet und zerstückelt hat, und je mehr sie sehen, stimmen ihm Lisa und Stella zu. Er bittet einen alten Freund um Hilfe, der jetzt für die Polizei arbeitet, dessen Nachforschungen aber nichts ergeben außer daß Mr. Thorwald seine Frau zum Zug gebracht und sie schon eine Postkarte geschickt hat.
Also beschließen sie, soviel wie möglich selber herauszufinden und provozieren Thorwald in der Hoffnung, daß er einen Fehler machen wird, und Lisa geht sogar in seine Wohnung, wodurch sie in Gefahr gerät, wobei Jeff und Stella geschockt und hilflos zusehen.
Lisa entkommt, aber unglücklicherweise findet Thorwald dadurch heraus, daß er beobachtet wird und von wo aus, und so muß er handeln ...

"Das Fenster zum Hof" basiert auf einer Kurzgeschichte von Cornell Woolrich, "It Had To Be Murder" von 1942 (ich habe sie leider nicht auf Deutsch gefunden, aber unter dem Link ist das Original verfügbar), die ich zuvor nicht kannte, nun aber für diesen Post gelesen habe. Nicht unbedingt eine gute Idee, aber in diesem Fall war das okay. Obwohl es Unterschiede gibt, verstehe ich, warum diese sein mußten, um die Geschichte für einen Kinofilm auszustopfen, und das auch noch gut.
Es gibt weder Lisa noch Stella in der Geschichte, stattdessen ist da der Haushaltshelfer Sam, aber tatsächlich erfahren wir über die Frauen eine Menge über Jeff, was in der Geschichte ganz fehlt.
Zum Beispiel hat Jeff Angst davor, durch eine Heirat angebunden zu sein, und glaubt, daß sein Lebensstil des reisenden Fotografen und der von Lisa als Dame der feinen Gesellschaft nicht zusammenpassen. Andererseits tut Lisa jetzt alles, um ihm zu beweisen, daß sie mehr kann als nur schön zu sein. Stella in ihrer praktischen Art hält sich nicht zurück, das laut auszusprechen, was die anderen vielleicht nur andeuten, egal ob es dabei um Ehe oder mögliche Details des Mordes handelt.

All die Nachbarn spielen tatsächlich keine Rolle in der Kurzgeschichte. Sie werden anfangs zwar erwähnt, der Fokus liegt aber auf Jeff und Thorwald, was meinem Gefühl nach das Gefühl der Isolation sogar noch erhöht.
Im Film ist Jeff ein Teil dieser Nachbarschaft, die er im Moment nur durch sein Fenster sehen kann, und schaut dabei zu, wie sich all diese kleinen Geschichten entwickeln, aber einzeln, denn zu dieser Zeit gibt es keinerlei nachbarlichen Interaktionen.
Das ist auch das meiste davon, was wir sehen (außer einer Szene, die den Hof von allen Seiten zeigt und in der alle Nachbarn an die Fenster kommen), wir werden Voyeure durch Jeffs Augen, dann sehen wir seine Reaktion darauf, was dort draußen passiert. Der Film bewegt sich nie von diesem Hof weg.
In einem Making of des Films sagte der Regieassistent, daß es eine Szene im Büro von Jeffs Herausgeber gab, er Hitchcock aber sagte, er denke, die sollte man nicht benutzen, also haben sie das am Ende auch nicht getan.

Ich habe mal in der Familie gefragt, was sie, ohne groß nachzudenken, über den Film sagen würden, und es kam "Spannung, tolle Einstellungen, eine schöne Frau, tolle Kleider".
Da kann ich nur zustimmen und ich finde, Edith Heads Design verdienen es, genannt zu werden. Die Kleider, die sie Grace Kelly anzogen, waren einfach fantastisch und ich schwärme vor allem von dem, das sie trägt, wenn man sie das erste Mal sieht.

Ich habe nur eine kleine Beschwerde.
In der Kurzgeschichte ist Mrs. Thorwald chronisch krank (wahrscheinlich, Jeff lernt sie ja nie kennen), aber sie nörgelt weder noch lacht sie ihren Mann aus. Daß sie im Film so dargestellt wird, scheint mir anzudeuten, daß er einfach davon genug hat, Jeff erwähnt sogar die Streitereien seinem Polizistenfreund gegenüber. Die unbestätigte Theorie in der Kurzgeschichte ist, daß Thorwald wahrscheinlich eine Versicherung auf sie abgeschlossen hat und sie dann umbringt, weil sie ihn dabei ertappt, wie er versucht, sie langsam zu vergiften, auf ein neues Leben mit seiner Geliebten hoffend. Nichts deutet darauf hin, daß sie irgendetwas provoziert hat.

Ich werde das nächste Mal nicht dabei sein, wenn (die echte ;-)) Lisa und Erin sich einen weiteren Hitchcock-Film mit Grace Kelly anschauen werden, "Bei Anruf Mord", weil ich den Film nicht habe und ich nicht nur aus dem Gedächtnis darüber sprechen möchte, aber ich werde definitiv bei ihren Blogs vorbeischauen.

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