Dienstag, 26. Juli 2016

Handgemacht gegen massenproduziert

Es ist Zeit für den JAC Blog Carnival und diesmal ist es ein Thema, das sehr wichtig nicht nur für uns Mitglieder der Jewelry Artisans Community ist. Ich habe es für den Titel ein wenig abgekürzt, tatsächlich hieß es "sich in einer massenproduzierten Welt behaupten oder massenproduziert gegen handgemacht".
Oh nein, nicht schon wieder das, denkt ihr vielleicht. Es ist ein nie endendes Thema. Es ist ein Thema voller Vorurteile, Klischees, einer Menge Emotionen - und Geld. Ich frage mich, ob es einen guten Roman abgeben würde. Vielleicht hat schon jemand einen geschrieben. Die Reise eines Künstlers ... eines Kunsthandwerkers ... eines Bastlers ... wartet. Das ist tatsächlich der Startpunkt. Als allererstes streiten sich die Leute darüber, was was ist, und auch das ist ein nie endendes Thema. Ich werde heute meine Finger davon lassen.
Stattdessen werde ich die Sache ausschließlich von meiner persönlichen Sicht aus anpacken. Dies spiegelt meine Erfahrungen, meine Gefühle und mein Leben als jemand, der mit seinen eigenen (nicht so) kleinen Händen Schmuck macht (erkennt ihr, wie ich raffiniert vermieden habe, mich als eins der obengenannten Dinge zu bezeichnen?).

Zunächst eine kleine Einführung für die, die diesem Blog nicht folgen und meine Geschichte nicht kennen.
Im Fernsehen kam etwas über Etsy und die "handmade Revolution", ich hatte niemals davon gehört, fing an zu stöbern, stolperte über ein Drahthäkelstück und sprang mit einer Spule Kupferdraht und dem einzigen Häkelhaken, den ich besaß, ins kalte Wasser.
Sehr bald nach meinen ersten überwiegend jämmerlichen Versuchen fand ich das Forum, das heute JAC ist. Ich erinnere mich noch an das erste Mal, als ich ein Paar aus Kupferdraht gehäkelte Scheiben-Ohrringe mit blauen Crackleperlen postete. Dann machte mir eine Freundin das wunderbare Geschenk eines netten kleinen Perlenvorrats. Ich postete mehr und bekam genug Ermutigung, um meinen ersten Shop zu eröffnen, auch wenn ich das sehr im geheimen tat. Ich besorgte mir endlich die erste Spule mit Sterlingsilber und experimentierte weiter. Ich fing an, neue Techniken auszuprobieren.
Ihr versteht schon, ich bin Autodidakt.

Das bringt mich zu meiner ersten kleinen Geschichte. Ein Bekannter sah eines meiner Shoplistings. Der Preis war definitiv nicht hoch gemessen an Material- und Zeitaufwand - wir Kunsthandwerker tendieren dazu, den Preis zu niedrig anzusetzen - aber er sagte: "Das würde ich dir nicht zahlen." Ich fragte ihn warum, denn gerade hatte er noch gesagt, das würde ihm gefallen, und er antwortete "du hast das nicht gelernt". Es war ein Drahthäkelstück. Ich sagte ihm, daß ich in der Schule gelernt hatte, mit Wolle zu häkeln, und er sagte "ja, aber nicht mit Draht", aber natürlich konnte er mir nicht sagen, was er denn meinte, wo ich das hätte lernen sollen, damit er meine Arbeit schätzen könnte.
Jahre später macht mich das immer noch nachdenklich. Jahre an Übung, Versagen, Erfolg, Kreativität, Leeres-Hirn-Syndrom, Selbstvertrauen, Selbstzweifel - es ist manchmal eine ganz schöne Achterbahnfahrt.
Was wollte er denn haben? Ein Universitätsdiplom im Drahthäkeln? Ein Papier, das ihm sagte, das ich einen Kurs belegt hatte bei ... nun ja, jemandem, der ein Diplom im Drahthäkeln hat? Was wenn er nicht gewußt hätte, daß ich das gemacht habe? Was wenn er er es auf einem perfekt ausgeleuchteten Profifoto gesehen hätte oder in einem Magazin oder sogar in einem Museum?

Viele Kunsthandwerker müssen mit diesen Situationen umgehen. Da gibt es die Leute, die einem sagen, daß ihre Nichte/Cousine/Schwester/Neffe/Sohn/etc. dies in ein paar Minuten machen könnten, und aus irgendeinem seltsamen Grund ist diese Nichte/Cousine/Schwester/Neffe/Sohn/etc. oft ungefähr fünf Jahre alt.
Oder es gibt die, die einem sagen, daß sie genau dasselbe Ding viel billiger bei einer Ladenkette bekommen können.
Wie steht es mit denen, die denken, man sollte ihnen etwas für wenig Geld geben, weil "ich dachte, du machst das, weil du Spaß daran hast, du solltest kein Geld für etwas nehmen, das du gern machst". Das kommt oft von Freunden und Familie (nicht meine, ich habe in dieser Hinsicht Glück).
Ähm, nein zu allem.
Wenn ich die Übung habe und Stunden brauche, kann deine Nichte das nicht in ein paar Minuten machen.
Du wirst dasselbe nicht billiger bekommen, weil es nicht dasselbe sein wird. Selbst wenn es für dich ähnlich aussieht, sind vielleicht allein schon die Materialien sehr unterschiedlich von denen, die du dort bekommst.
Wenn ich den "Familien- und Freunderabatt" geben will, entscheide ich das, nicht du.

Natürlich gibt es eine Zeit und einen Ort für Massen-produktionen, und es gibt eine Zeit und einen Ort für das Handgemachte. Nicht jeder kann sich Handgemachtes leisten, nicht jeder will das Geld dafür ausgeben. Es gibt Dinge, die ich gerne handgemacht kaufen würde, was ich aber nicht tun kann, bis ich endlich die Katzen an den Zirkus verkauft habe (damit habe ich ihnen in letzter Zeit häufiger gedroht).

Ich weiß das ...  Kunsthandwerker wissen das ... Künstler wissen das ... und dennoch bringt es einen manchmal zum Nachdenken, läßt einen denken, daß man irgendetwas falsch macht, läßt einen vielleicht sogar überlegen, ob man überhaupt weitermachen sollte.
Also WIE behauptet man sich da denn nun? Wie läßt man die Leute die Geschichte hinter dem, was man tut, erkennen? Man kann Bilder machen, man kann Videos machen, man kann den Prozeß erklären, wenn man an Messen teilnimmt,  kann man es direkt zeigen.
Selbst dann kann man sich nicht sicher sein, daß es jeder verstehen wird oder will, and manchmal verstehen es ja nicht einmal andere Kunsthandwerker.
Um offen zu sprechen, ich kenne keine Standardlösung. Ich werde die Hoffnung aber nicht aufgeben, daß es Leute gibt, die den Einsatz in einem Stück sehen, die Zeit, manchmal den Kampf, und die Liebe - und ja, den Spaß.

Es ist unmöglich, einen Post bilderlos zu lassen, also ist hier eins der HeatherCats, einer Kollektion mit viel meiner Zeit, Liebe und Spaß darin, und eins von Heathers Originalen, weil sie es immer schaffen, mich zum Lächeln zu bringen.




Jetzt holt tief Luft, und dann schaut euch an, was meine anderen JAC-Freunde dazu zu sagen haben. Ich werde mehr Links einfügen, sobald ich sie habe.

Violetmoon's Corner
Jewelry Art by Dawn 

1 Kommentar:

  1. Hi auch ih habe einenn Etsy Shop und versuche dort meine Bilder zu verkaufen, bei sätzen wie zu teuer oder ähnliches, gibts ein Contra von mir das jeder gerne für die Arbeit gezahlt wird , der er oder sie macht. Zudem habe ich das glück des öfteren an Gruppenausstellungen teilnehme..und mittlerweile eine ganze Menge davon in meinen Vita habe und das auch deshaklb meine Bilder nicht für 20€ zu haben sind, und wenn schön ist es ein sehr kleines Bild. :)

    "Oder es gibt die, die einem sagen, daß sie genau dasselbe Ding viel billiger bei einer Ladenkette bekommen können."

    Die wurden allerdings auch unter schrecklichen Bedingungen von Kinder in dritte Weltländer produziert

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