Freitag, 12. März 2010

Die Zuglady schlägt wieder zu


Ist es heutzutage wirklich so ungewöhnlich für Menschen, anderen zu helfen?
Laßt mich euch noch eines meiner Zug"abenteuer" erzählen und bitte merkt euch dabei, daß ich nicht vorhabe, damit zu prahlen, was ich für ein hilfsbereites Seelchen bin, sondern eher andere dazu ermuntern möchte, einen Moment innezuhalten und zu überlegen, wie es ist, Hilfe zu benötigen und nicht zu bekommen, obwohl es oft so einfach wäre.

Ich lief zum Bahnhof und an der Rolltreppe stand eine Frau mit Stock und einem großen Trolley und sagte mir, ich solle zuerst gehen. Ich fragte sie, ob sie Hilfe brauche und nahm ihren Trolley, damit sie leichter auf die Rolltreppe und wieder heruntersteigen konnte.
Sie traf mich am Fahrkartenautomaten wieder und fragte mich, ob ich ihr dabei helfen könnte, eine Fahrkarte zu kaufen. Ich weiß, daß viele Leute, besonders ältere, Probleme mit diesen Automaten haben, also ließ ich ihr eine Fahrkarte heraus. Zufällig hatte sie dasselbe Ziel wie ich, also erwartete ich schon, sie am Gleis wiederzusehen.
Und ja, da war sie, als ich hinkam, nachdem ich meine geliebten Ingwersnacks und die leckeren Reisnachos mit Käse, die so süchtig machen, gekauft hatte ... ups, ich schweife ab, tut mir leid - nochmal, da war sie also. Auf der falschen Gleisseite. Sie hatte mir erzählt, daß sie gerade aus der Augenklinik kam und noch nicht gut sehen konnte, also mußte sie falsch abgebogen sein, auf die Seite, an der man nicht einsteigen kann. Ich ging ihr hinterher und nahm sie mit auf die richtige Seite (nicht die dunkle Seite ;-)).

Während wir dort auf den Zug warteten, erzählte sie mir, daß sie früher als erwartet aus dem Krankenhaus entlassen worden war und nicht einmal ihrer Tochter davon hatte erzählen können, weil sie die Anzeige auf ihrem Handy nicht lesen konnte. Also rief ich eine sehr überraschte Tochter an, um ihr zu sagen, daß ihre Mutter heute zu Hause ankommen würde. Ich rekrutierte einen jungen Mann, der in der Nähe stand, um den Trolley in den Zug zu heben, weil ich im Moment selber nichts Schweres tragen darf. Und bei der Ankunft rekrutierte ich einen anderen Fahrgast, den Trolley wieder herauszuheben, brachte sie zum Fahrstuhl, den sie noch nicht gekannt hatte, aber der natürlich viel einfacher war als die Treppen, und verabschiedete mich vor dem Bahnhof. Ich hoffe, sie hat ihren Bus noch bekommen.

All das kostete mich weder viel Energie noch Zeit oder Nerven, aber sie war so dankbar, daß ich mich wirklich frage, ob Hilfsbereitschaft in unserer Gesellschaft ausstirbt.
Ich hoffe, daß nicht.

2 Kommentare:

  1. Die Hilfsbereitschaft wird vielleicht weniger, weil die Menschen generell immer ichbezogener werden. Aber aussterben kann sie nie. Erst recht nicht, wenn es gute Seelen wie dich gibt, meine liebe Catie!!! Die alte Dame wird dir noch sehr lange dankbar sein und ihre Tochter vielleicht auch, denn ganz sicher wird sie die Geschichte sehr, sehr oft zu hören bekommen!

    AntwortenLöschen
  2. Da hat sie wirklich Glück gehabt, die alte Dame, auf dich zu treffen, denn so selbstverständlich ist es wohl leider doch nicht.
    Ich weiß noch, dass meine Eltern mal einen halben Tag unterwegs waren, um meinen Opa vom Bahnhof abzuholen. Er war auf der falschen Seite ausgestiegen und unauffindbar...

    AntwortenLöschen