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Donnerstag, 24. Juli 2025

Stummfilme - Stürme

Ich weiß nicht, ob ihr euch je die Quellen am Ende meiner Filmposts anschaut. Falls ihr es tut, ist euch vielleicht schon aufgefallen, daß ich oft Fritzi Kramers Blog "Movies Silently" aufführe. Ich mag, wie sie schreibt, wenn sie also eine Kritik zu einem Film hat, den ich gerade anschaue, dann lese ich sie.
Sie hat außerdem eine Rangliste für Stummfilme auf ihrem Blog, für heute bin ich also direkt zu ihren 5-Sterne-Filmen gegangen und habe "Stürme" von 1928 ausgewählt.
Ich habe ihre Kritik nicht gelesen, bevor ich den Film angeschaut und mir meine eigene Meinung gebildet habe, ich wußte nur, daß sie "Stürme" liebt. Schauen wir mal, ob das mir genauso geht.
Es ist recht passend, daß es im Moment draußen windig ist und meine dünnen kleinen Rolläden klappern. Das ist aber nichts im Vergleich zu "Stürme".

Public Domain über
Wikimedia Commons

Wie gewöhnlich fange ich mit der Handlung an (Spoiler voraus!).

Letty Mason reist von Virginia nach Texas, um bei ihrem Cousin Beverly und seiner Familie auf seiner Farm zu leben. Sogar schon im Zug bemerkt sie den konstant wehenden Wind.
Sie fällt dem Mitpassagier Wirt Roddy auf, der eine Unterhaltung beginnt und ihr sagt, daß der Wind Leute verrückt macht, vor allem Frauen.

Am Bahnhof wird Letty nicht von ihrem Cousin abgeholt, sondern von dessen Nachbarn Lige Hightower und Mr. Sourdough. Letty ist davon und von dem heftigen Wind so schockiert, daß sie zu Wirt zurückrennt, der ihr versichert, daß er gelegentlich bei ihr vorbeischauen wird.
Auf dem Weg erzählt Lige ihr vom Wind, vor allem vom "norther", von dem die amerikanischen Ureinwohner glauben, daß er ein Geisterpferd in den Wolken ist, und der so schlimm ist, daß er die wilden Pferde die Berge hinuntertreibt - ein Bild, das Letty von da an verfolgen wird.



Während Beverly höchst erfreut ist, die Cousine zu sehen und willkommen zu heißen, mit der er wie ein Bruder aufgewachsen ist, ist seine eifersüchtige Frau Cora nicht so glücklich über den Neuankömmling. Als sie alle zusammen essen, merkt man, daß Lige und Sourdough sofort von der schönen Letty hingerissen sind, die sehr fehl am Platz wirkt.
Bei einem Fest erzählen sowohl Lige als auch Sourdough Cora, daß sie vorhaben, Letty einen Heiratsantrag zu machen. Cora ist von dem Gedanken, sie aus dem Haus zu bekommen, begeistert.
Dann kommt auch Wirt vorbei, und als ein Zyklon das Fest unterbricht, müssen sie im Keller Schutz suchen, wo er Letty darum bittet, mit ihm wegzugehen.



Lige und Sourdough machen Letty einen Antrag, sie denkt aber, es sei ein Scherz und lacht sie aus. Cora ist enttäuscht und fordert, daß Letty ihr Haus verläßt, also geht sie zu Wirt, der ihr sagt, daß er zwar schon eine Ehefrau hat, sie aber zur Geliebten nehmen will. Sie geht zu Cora zurück und meint, daß sie nirgends hingehen kann und kein Geld hat, also sagt Cora ihr, daß sie dann Lige oder Sourdough heiraten müssen wird.
Letty heiratet Lige, der überglücklich ist, weil er glaubt, daß sie ihn liebt, aber schnell durch ihre Reaktion auf seinen Kuß enttäuscht wird.


Als er versucht, sie noch heftiger zu küssen, wehrt sie ihn ab und sagt ihm, daß er sie dazu gebracht hat, ihn zu hassen, obwohl sie ihn nicht hassen wollte.
Von dieser Wendung schockiert sagt Lige, daß er sie nie mehr berühren wird, und verspricht, genug Geld zu verdienen, um sie wieder zurück nach Virginia zu schicken.
Das ist einfacher gesagt als getan, denn die Zeiten sind schwer, das Vieh stirbt und die Rancher müssen eine Lösung finden, damit sie nicht verhungern. Als Lige zu dem Treffen gehen will, bittet Letty, die von dem andauernden Wind immer verrückter wird, ihn, sie mitzunehmen, damit sie nicht alleinbleiben muß. Als sie ihr Pferd im Wind nicht kontrollieren kann und auch von Liges Pferd fällt, obwohl sie sich an ihm festklammert, bittet Lige Sourdough, sie nach Hause zu bringen.
Als die Rinderzüchter vom Treffen heimkehren, bei dem sie beschlossen haben, die wilden Pferde, die vor dem "norther" davonlaufen, zusammenzutreiben, um dafür Geld von der Regierung zu bekommen, bringen sie einen Verletzten mit - es ist Wirt. Natürlich ist Letty nicht glücklich darüber, ihn im Haus zu haben.
Nachdem Wirt sich erholt hat, besteht Lige darauf, daß er dabei hilft, die Pferde zusammenzutreiben, er aber schleicht direkt zu Letty zurück, die, schon vor lauter Wind verrückt, in Ohnmacht fällt. Wirt bringt sie zum Bett.
Am nächsten Morgen versucht er Letty zu überreden, daß sie mit ihm geht, sie lehnt jedoch ab. Als er meinte, Lige werde sie beide töten, antwortet sie kalt, daß sie hoffe, das würde er tun. Wirt wird aufdringlich und Letty bedroht ihn mit seiner eigenen Waffe, die er auf dem Tisch liegenlassen hat. Er nimmt sie nicht ernst und greift nach der Waffe, die losgeht und ihn tötet.
Da sie nicht weiß, was sie sonst machen soll, begräbt Letty ihn draußen. 
Der Wind wird immer stärker und Letty wird wahnsinnig davon.

 
Sie sieht, wie der Wind Wirts Leiche aufdeckt.
Als jemand versucht, die Tür zu öffnen, die sie mit einer Schaufel festgestellt hat, bricht sie zusammen, es ist aber Lige, der zurückgekommen ist, worüber sie so glücklich ist, daß sie ihn küßt.
Dann gesteht sie, Wirt getötet zu haben. Lige sieht nach draußen, kann aber keine Leiche sehen, also sagt er ihr, daß der Wind sich darum kümmert, wenn jemand aus gerechtem Grund getötet wird.
Er sagt Letty außerdem, daß er jetzt genug Geld hat, um sie nach Virginia zurückzuschicken, aber zu seiner Freude verkündet Letty, daß sie vor dem Wind keine Angst mehr hat und daß sie ihn liebt und bei ihm bleiben will.


Dies war mein erster Stummfilm mit Lillian Gish, der "First Lady of the Silent Screen" - und ihr letzter (ihre Karriere lief danach jedoch noch lang weiter, allerdings nicht so erfolgreich).
Ich hatte von ihr gehört, aber nicht gewußt, was ich erwarten sollte.

Der Film hat keinen Dialog, aber Toneffekte (erinnert ihr euch an "Sonnenaufgang: Lied von zwei Menschen", der die auch hatte?) Leider konnte ich weder sie noch die Filmmusik von Carl Davis, die empfohlen wurde, anhören, weil ich sie nicht fand. Die Filmmusik, die ich hatte, war improvisierte Musik und Kreischen und ich mußte sie abschalten, weil ich sie nicht ertrug. Das Ensemble mag ja "das Unverständliche und Unbequeme angenommen" haben, aber es war schon unbequem genug für mich, auch ohne Gekreische mit anzuschauen, wie Letty verrückt wurde, vielen Dank auch.
Wie ihr wißt, hat die Musik oft einen großen Anteil daran, ob ich einen Stummfilm mag oder nicht, und den hier komplett stumm anschauen zu müssen, war etwas schwierig, aber dafür konzentrierte ich mehr auf das Schauspiel.

Ich kenne Leute, die ein ernsthaftes Problem mit Wind haben, er macht sie nervös und irritiert sie.
Obwohl Winde hier häufiger auftreten und stärker werden, kommt das nicht an das dauernde Wehen im Film heran, ich kann mir also leicht vorstellen, daß Letty davon, seine Kraft zu spüren und ihn die ganze Zeit zu hören, verfolgt wurde. Da ich selber von Katzenstreu, die überall verteilt wird, verrückt werden kann, kann ich auch sehr gut verstehen, daß es jemanden wahnsinnig macht, wenn überall Sand ist. Es hat mich schon nervös gemacht, das nur anzuschauen.

Letty ist eine süße und zierliche junge Frau, die in eine Umgebung gezwängt wird, in der sie, wie schon erwähnt, völlig fehl am Platz wirkt. Um ehrlich zu sein, bezweifle ich, daß sie überhaupt viel darüber nachgedacht hat, wie es sein würde, sie erzählt Wirt von der "schönen Farm" ihres Cousins - was sie definitiv nicht ist.
Also klammert sie sich an die einzige Person, die ihr zivilisiert erscheint, Wirt, und dann ist es ausgerechnet er, der dieses Vertrauen mißbraucht, was sie letztendlich aber stärker macht.
Gish machte eine ganze Menge Emotionen in dem Film durch und drückt sie mit Augen, Händen und ihrem Körper aus.

Dann ist da andererseits Cora, eine Frau, die hart für ihre Familie arbeitet. Es ist kein Wunder, daß sie kein hübsches kleines Ding im Haus haben will, um das die Männer und ihre Familie wie Motten um ein Licht herumflattern und das vom Bügeln Blasen an ihren zarten Händen bekommt, während Cora zur selben Zeit einen ganzen Stier ausnehmen muß (nicht meine Szene, das kann ich euch sagen).
Vielleicht wäre Cora ja nicht so eifersüchtig, wenn Letty etwas mehr versuchen würde, sich anzupassen.

Lige and Sourdough sind vom ersten Moment an, in dem sie Letty kennenlernen, so hingerissen, daß sie nicht mal darüber nachdenken, daß Letty sie vielleicht nicht ernstnehmen könnte. Besonders Lige ist wie ein Welpe mit einem neuen Ball - Sourdough scheint mehr die komische Einlage zu sein - und das Erwachen, nachdem die Heirat, die ihn so glücklich gemacht hat, nicht so läuft, wie er sich das erhofft hat, ist hart. Es verändert ihn aber auch und macht ihn verantwortungsvoller und fürsorglicher.
Ich verstehe ja, warum Letty sich nicht direkt in Lige verknallt, aber ich verstehe nicht, warum sie Wirt vorziehen sollte. Gut, Lige ist zwar ein ungeschliffener Diamant, was sie erstmal herausfinden muß, aber die Art, wie sich Wirt im Zug an sie heranmacht, iih. Außerdem bin ich oberflächlich genug zu sagen, daß Lige echt gut aussieht.

Es gibt Theorien darüber, ob Wirts Leiche echt ist oder nicht. Ist er überhaupt zurückgekommen oder war das eine Halluzination von Letty? Warum konnte Lige die Leiche nicht sehen?
Ich habe das Buch (noch) nicht gelesen, aber dem zufolge, was ich gelesen habe, ist die Vergewaltigung hier sehr echt - und auch das Ende ist anders.
Gish hatte selber die Idee für die Verfilmung, sie wählte auch den Regisseur Victor Sjoström (in den USA auch als Seastrom bekannt) und den Schauspieler Lars Hansen (Lige) aus, mit denen sie schon zuvor an einem anderen Film gearbeitet hatte.
Ihr zufolge war es geplant gewesen, das Ende des Buchs zu verwenden, so wie sie und Sjoström es wollten. Im Buch wartet Letty darauf, daß Lige heimkommt, nachdem sie Wirt getötet hat. Als er nicht kommt, geht sie zum Sterben in die Wüste. Es wird behauptet, daß MGM fand, ein glückliches Ende würde beim Publikum dann doch besser ankommen.
Mehrere Leute sagen allerdings, daß das tragische Ende niemals gefilmt wurde.
Abgesehen davon, daß ich ein Happy End liebe, finde ich, daß es tatsächlich auch ganz gut funktioniert. Es wäre dramatisch gewesen, wenn Letty in die Wüste gegangen wäre, und hätte wahrscheinlich das Bedürfnis mancher befriedigt, eine Art Strafe für Wirts Tod zu sehen, aber mir gefiel die Vorstellung, daß Letty und Lige gewachsen sind und einen Neubeginn bekommen.

Wird dies mein absoluter Lieblingsstummfilm je werden?
Das denke ich nicht (all der Wind und Sand), aber es ist auf jeden Fall ein Film, den ich zum Anschauen empfehlen würde.



Ausgewählte Quellen:

1. Fritzi Kramer: The Wind (1928) - A Silent Review. Auf: Movies Silently, 3. Februar 2013
2. Fritzi Kramer: Silent Movie Myth: "The Wind" had a happy ending slapped on and is too ... windy. Auf: Movies Silently, 29. April 204
3. Benjamin Schrom: The Wind. Essay. Auf: San Francisco Silent Film Festival. 2009
4. Adrian Danks: Open to the Elements: Surveying the Terrain of Victor Sjoström's The Wind. Auf: Senses of Cinema. Mai 2006


Es tut mir leid, daß meine Quellen meist nur englischsprachig sind, aber mein englischer Blog wird einfach mehr frequentiert und der Zeitaufwand für die Recherche ist oft so groß, daß ich nicht auch noch die Zeit finde, adäquate deutsche Quellen zu suchen. Sollte euch ein Artikel interessieren, gibt es Übersetzungsprogramme, die zumindest einen Eindruck vermitteln können.

Donnerstag, 19. Juni 2025

Stummfilme - Der große Eisenbahnraub

Heute habe ich noch einen Kurzfilm für euch. Als ich mit diesem Projekt anfing, fand ich eine Liste von Stummfilmempfehlungen. Der hier stan darauf und einen Western hatten wir ja noch nicht.
Betreten wir also die Welt des Westerns mit
 "Der großen Eisenbahnraub". Also irgendwie, aber dazu komme ich noch.

In den frühen 1900ern, als Filme noch eine Neuheit waren und überwiegend kurze Einblicke in das gewöhnliche Leben gegeben hatten - wer könnte den Zug vergessen, der in einen Bahnhof einfuhr oder Arbeiter, die eine Fabrik verließen, fesselnder Stoff! (ich will mich gar nicht lustig machen, zur der Zeit war es das wirklich) - war ein Film von 12 Minuten (obwohl die Versionen auf YouTube unterschiedliche Längen haben, vielleicht liegt es an der Geschwindigkeit?) und mit einer Handlung schon ziemlich unglaublich.



Erstmal zur Handlung (mit Spoilern).
Der Titel verrät ja schon etwas.
Zwei maskierte Männer dringen in ein Telegrafenbüro der Eisenbahn ein und zwingen den Mitarbeiter, den Zug anzuhalten und dem Lokführer die Anweisung zu geben, an dieser Station Wasser nachzufüllen, bevor sie ihn bewußtlos schlagen und fesseln.
Die Bande versteckt sich hinter dem Wassertank und schleicht sich dann in den Zug. Zwei der Banditen dringen in den Postwaggon ein, wo der Mitarbeiter gerade die Post prüft. Er wird getötet und die Räuber öffnen die verschlossene Geldtruhe mit Dynamit.
Inzwischen gehen die anderen Banditen zur Lokomotive. In einem Kampf auf dem Tender wird der Heizer getötet und vom Zug geworfen. Der Lokführer wird zum Abkoppeln der Lokomotive gezwungen. Die Banditen befehlen den Passagieren, die Waggons zu verlassen, und nehmen sich ihre Wertsachen. Ein Fahrgast, der zu entkommen versucht, wird erschossen.
Danach flüchtet die Bande in der Lokomotive. Nach ein paar Meilen verlassen sie den Zug und gehen zu ihren Pferden, die sie in der Nähe an ein paar Bäumen angebunden haben.
Die Szene schneidet zum Telegrafenbüro zurück, wo der Mitarbeiter versucht, telegrafisch um Hilfe zu bitten, bevor er wieder bewußtlos wird. Seine Tochter kommt herein, zerschneidet die Seile und weckt ihn auf, indem sie im Wasser ins Gesicht schüttet.
Als nächstes sehen wir Tänzer in einem Tanzlokal, als der Telegrafenangestellte hereinkommt, um zu erzählen, was geschehen ist. Die Männer nehmen sich ihre Waffen und verfolgen die Banditen.
Als sie sie finden, wird einer der Banditen erschossen, die anderen drei entkommen. Sich in Sicherheit wiegend, gehen sie die Postsäcke durch, aber der Suchtrupp schleicht sie ohne Pferde an sie heran. Ein Kampf bricht aus, der das Leben der Banditen und das einiger Mitglieder des Trupps kostet.
Der Anfährer der Outlaws zielt und schießt aus nächster Nähe auf die Zuschauer.

Ihr denkt, ich habe das Bild versehentlich ein zweites Mal
eingefügt? Nein.
Aus dem Edison-Filmkatalog 1904:
"Dieser Abschnitt der Szene kann entweder am Anfang
gezeigt werden oder am Schluß, das
darf der Vorführer entscheiden.

Für einen Kurzfilm von 12 Minuten ist die Zahl der Toten ganz schön hoch (ich glaube, nicht mal "Inspektor Barnaby" könnte da mithalten).
Warum habe ich gesagt, daß dies "irgendwie" ein Western ist?
Für uns sieht er wie einer aus, wir haben Pferde, wir haben Cowboys, die ganze Umgebung paßt. Für die Leute damals aber konnte das ihr alltägliches Umfeld sein und der Film könnte direkt aus der Zeitung stammen.
Zugüberfälle "traten kurz nach dem Bürgerkrieg auf" und "waren in den 30ern überholt". Die Anzahl der Toten bei Räubern und Fahrgästen konnten hoch sein, vor allem, wenn sich Mannschaft und Passagiere wehrten, wenn aber alles klappt, konnte die Beute den Versuch durchaus wert sein. Da frühe Überfälle oft ungestraft blieben und Wertsachen nun eher mit dem Zug als mit der Postkutsche transportiert wurden, wurde die Vorstellung eines Verbrechens, für das man keine besonderen Fähigkeiten brauchte, in den USA recht populär.
Der "Wilde Westen" war auch schon zuvor auf Film gezeigt worden, zum Beispiel Aufnahmen von Annie Oakley oder  Buffalo Bill, aber nie mit einer Handlung, also könnte man sagen, daß dies die Faszination für Western anstachelte.
Ich habe auch gelesen, daß dies der erste Film mit einer Geschichte war und auf einem Blog wurde tatsächlich erklärt, warum sie fanden, daß er mehr Geschichte erzählte als Méliès's Reise zum Mond, aber da konnte ich nicht zustimmen. Dann fand ich ein Zitat aus einem TCM-Artikel. Der Link funktionierte nicht mehr, aber im Zitat hießt es, daß der Film "der erste einflußreiche erzählerische Film wurde, in dem der Schnitt fantasievoll war und zur Erzählung beitrug."
Damit konnte ich leben.

Der Film nutzte Parallelmontagen, also das Hin- und Herwechseln zwischen zwei Szenen, die zeitgleich geschehen, in diesem Fall zwischen den Banditen und dem Suchtrupp.
Während es zwar Sets gab, die wie eine Bühne aussahen, spielt ein großer Teil der Handlung auch draußen, was dem Film ein realeres Aussehen gab, und nochmal, die Handlung war etwas, das die Leute nachvollziehen konnten, entweder weil sie dort lebten oder durch Zeitungsartikel.
Es ist etwas amüsant, hier die "Uhr" an der Wand zu sehen, aber zur selben Zeit sieht man einen Zug an dem großen Fenster vorbeifahren. Hier ist es ein sogenannter "matte shot", der der Szene Wirklichkeit verleiht.


Oder nehmt diese Szene. Ihr habt nich nur den "Spezialeffekt" der Explosion, sondern im Hintergrund seht ihr auch durch die offene Waggontür, daß der Zug an Bäumen vorbeirauscht, ebenfalls ein "matte shot".


Der Film war ein Riesenerfolg. Stellt euch mal vor, wie er auf das Publikum gewirkt haben muß.
Er war dynamisch, zeigte Gewalt und Gerechtigkeit, und es gab sogar einen komischen Moment, als ein Mann in das Tanzlokal kommt und die Männer auf seine Füße schießen, um ihn zum Tanzen zu bringen (wenn das mal kein Cowboyklischee ist, aber so etwas scheint tatsächlich vorgekommen zu sein). Es ist kurz, es hat nichts mit dem Rest des Films zu tun, aber sogar heute noch haben wir manchmal solche Szenen. Alles, um die Zuschauer zu unterhalten.

Auf uns wirkt manches davon heute witzig, so wie die offensichtliche Puppe, die der Bandit vom Zug wirft. Mir machte allerdings nicht mal der Draht in Dracula fast 30 Jahre später etwas aus. Wer weiß, wäre es ein Keaton-Film gewesen, hätten sie vielleicht einen Stuntman runtergeworfen.
Ich war beeindruckt von der Menge an Fahrgästen, die aus dem Zug aussteigen. Ich gestehe, ich mußte kurz an ein Clownauto denken, aber dann fielen mir Erinnerungen an meine Pendlerei ein und plötzlich wirkten die Anzahl der Fahrgäste auf mich ganz normal.
Und das theatralische Spiel? Ich hab's geliebt. Wenn man schon nicht schreien kann, wenn man stirbt, sollte einem wenigstens erlaubt sein, dramatisch zu sterben. Je mehr Stummfilme ich anschaue, um so mehr schließe ich meinen Frieden mit gewrungenen Händen und Augenrollen.

Glaubt es oder nicht, dieser Schauspieler - Gilbert M. Anderson - ist außerdem
einer der Banditen und auch das Greenhorn in der Tanzlokalszene,
er wurde später als "Broncho Billy" ein richtiger Westernstar. 

Wenn ihr Western mögt, sollte ihr diesem Film eine Chance geben.
Es gibt auch Versionen, in denen einige der Kleider oder Effekte handbemalt sind, aber nicht die, die ich angeschaut habe, also kann ich euch nicht sagen, ob das die Erfahrung noch steigert.

Der Film inspirierte übrigens auch einen weiteren vom selben Regisseur, Edwin S. Porter.
Ihr könnt "Der kleine Eisenbahnraub" von 1905, der uns eine Kindergang zeigt, die für Süßigkeiten einen Miniaturzug überfallen, hier anschauen. Ich fand das Ende klasse. Es war aber nicht jeder so glücklich mit diesem Kurzfilm, weil sie dachten, er würde Kinder zu Kriminellen machen!



Ausgewählte Quellen (englischsprachig):

1. Fritzi Kramer: The Great Train Robbery (1903) A Silent Film Review. Auf: Movies Silently, 3. November 2013
2. Jeff Arnold: The Great Train Robbery (Edison, 1903). Auf: Jeff Arnold's West, 8. März 2021
3. Chris Scott Edwards: The Great Train Robbery (1903). Auf: Silent Volume, 12. Juli 2009
4. The Fascinating Story of 1903's Biggest Movie. Auf dem YouTube-Kanal "Toni's Film Club"
5. Rick Ruddell und Scott Decker: Train Robbery: A Retrospective Look at an Obsolete Crime. In: Criminal Justice Review, 42(2017),4, Seiten 333 - 348 (Closed Access)

Es tut mir leid, daß meine Quellen meist nur englischsprachig sind, aber mein englischer Blog wird einfach mehr frequentiert und der Zeitaufwand für die Recherche ist oft so groß, daß ich nicht auch noch die Zeit finde, adäquate deutsche Quellen zu suchen. Sollte euch ein Artikel interessieren, gibt es Übersetzungsprogramme, die zumindest einen Eindruck vermitteln können.

Freitag, 12. September 2014

Ride, boldly ride ...

... to the end of the rainbow, ride, boldly ride, till you find El Dorado.

Vom ersten Mal an, da ich diesen Cabochon online sah, hatte ich das Lied im Kopf. Ich liebe den Film, obwohl ich eigentlich kein so großer Westernfan bin. Ich muß auch immer mitsingen.
Wäre dies ein größerer Stein gewesen, wer weiß, vielleicht wäre jetzt ein Pferd drauf oder Tumbleweeds oder John Wayne. Da ich jedoch nicht das meiste des Cabochons abdecken wollte,  konnten es dann doch nur die Sonne und ein Kaktus werden, den ich mit meiner Zange bearbeitet habe, damit er stachelig aussieht.



Den Anhänger könnt ihr in meinem DaWanda-Shop finden.
Jetzt entschuldigt mich, während ich Ponder noch einmal den El Dorado-Song vorsinge. Seine Augen werden dann ganz groß und ich möchte nicht mal wissen, was er denkt .........