In
meiner Kindheit waren wir genauso verrückt nach Dinosauriern wie es Kinder heute sind. Wir hatten aber keine Dinosaurier-Spielzeuge, die sich in Gefährte verwandelten oder von einem Dino zum anderen. Wir hatten Bilder in Enzyklopädien und mußten 30 Kilometer bergauf durch hüfthofen Schnee zur Schule laufen ... sorry, falsche Platte 🙃
Im Ernst aber, ich erinnere mich hauptsächlich daran, in Büchereibüchern Dinosaurier angeschaut oder über sie gelesen zu haben, und eins davon war ein Roman von Sir Arthur Conan
Doyle.
Wußtet ihr, daß Doyle viel mehr als nur Sherlock-Holmes-Geschichten geschrieben hat, in allen Arten von Genres?
Essays, Geschichten, Gedichte aus Genres von Geschichte über Science-Fiction zu Abenteuer, Fantasy und natürlich Krimis. Außerdem zeichnete und malte er.
Ich habe die Sherlock-Holmes-Geschichte als Kind mehr als einmal aus der Bücherei ausgeliehen (und sie schließlich auf Deutsch und Englisch gekauft), und so griff ich mir eben auch das andere Buch, das da noch stand - Die verlorene Welt, das erste aus der Professor Challenger-Serie von 1912, deutsche Erstausgabe 1926.
![]() |
Wallace Beery als Professor Challenger Von Unbekannt - J. Willis Sayre Collection of Theatrical Photographs, Public Domain |
Ich liebte dieses Buch so und kann gar nicht sagen, wie oft ich es gelesen habe.
Obwohl ich es genoß, das Buch für diesen Post noch einmal zu lesen, ist das Thema heute nicht das Buch, sondern der Stummfilm von 1925.
Sprechen wir erstmal über die unterschiedlichen Versionen.
Frühe Filme haben oft das Problem, daß die Kopien voneinander abweichen, weil Teile des Films herausgeschnitten wurden oder verlorengingen, was es schwierig machen kann, sie originalgetreu zu restaurieren. Dasselbe geschah mit "Die verlorene Welt", die lange nur in einer 60 Minuten-Version gesehen werden konnte.
Zur Zeit gibt es unterschiedliche Fassungen von Eastman House, von der gesagt wird, daß sie einen besseren Fluß hat, von David Shephard, die alles aneinanderreiht, was auffindbar war, was manchmal zu Lasten des Flusses geht. Es gibt auch hier eine synchronisierte deutsche Version, die ignorieren wir jetzt mal, weil ich sie nicht selber sehen konnte, was ich aber auch gar nicht gewollt hätte.
Ich habe die 104-Minuten-Version
angeschaut, die auch auf Blu-Ray verfügbar ist (das ist die von Lobster Films/Flicker
Alley restaurierte Fassung) und ich denke, das ist auch die, die ich schon mal auf ARTE gesehen habe.
Die 92-Minuten-Version könnt ihr auf YouTube finden.
Die Handlung des Films - wenn interessiert die Handlung? Es gibt Dinosaurier, ist das nicht das einzige, was zählt? Nein? Okay dann, wenn ihr darauf besteht.
Ed Malone, Reporter beim "London Record-Journal", möchte heiraten, aber Gladys, seine Auserwählte, will nur einen Mann heiraten, der der Gefahr ins Auge geblickt hat.
Eds Chance kommt, als er an einem Vortrag der Zoological Society teilnimmt, wo Professor Summerlee den exzentrischen Professor Challenger wegen seiner "Lügen" über eine verlorene Welt zur Rede stellt, in der uralte Bestien überlebt haben sollen. Challenger fordert das Publikum auf, an einer Expedition zu dieser verlorenen Welt teilzunehmen. Drei Männer erklären sich bereit mitzukommen - Summerlee, Malone und Sir
John Roxton, ein Jäger und Sportler.
Bei einem Treffen in Challengers Haus wird Malone Paula White vorgestellt, Tochter und Assistentin von Maple White (!), der die verlorene Welt gefunden hat, ein Plateau in Brasilien, aber dort zurückgelassen wurde, als seine Helfer Angst bekamen und seine kranke Tochter mit sich in die Zivilisation zurücknahmen. Die Expedition soll nicht nur Challengers Aussagen beweisen, sondern auch einen Suchtrupp für White darstellen.
Die Gruppe reist nach Brasilien, dabei sind auch Challengers Butler Austin, ein schwarzer Helfer namens Zambo (Warnung: Blackface, was wohl zu erwarten war, aber zumindest ist es ein positiver Charakter und wichtig für ... davon hört ihr später), und ein Affe mit dem Namen Jocko, und erreichen den Fuß des Plateaus, das sie auf dieselbe Weise wie White erreichen wollen, indem sie nämlich einen Baum auf der Zinne daneben fällen, um ihn als Brücke zu benutzen.
Als sie einmal auf dem Plateau sind, werden sie von all den prähistorischen Tieren fasziniert,
Brontosaurus, Allosaurus, Triceratops, Pterodactylus und mehr. Sie erleben ihre Leben, Kämpfe und Tode mit.
Sie stellen außerdem fest, daß sie von einem Affenmenschen beobachtet werden, von dem sie glauben, er könnte das "fehlende Bindeglied" sein, und der schon zuvor versucht hat, sie mit einem Felsbrocken zu töten. Aus irgendeinem Grund ist er immer in Gesellschaft eines Schimpansen.
Leider stößt ein Brontosaurus beim Fressen die Baumbrücke hinunter, sodaß die Abenteurer auf dem Plateau gefangen sind und sich darauf vorzubereiten, sich dort einzurichten.
Während all das passiert sieht Paula übrigens sehr oft so aus. Für eine Frau, die ihrem Vater als Assistentin in den Dschungel gefolgt ist und sich dem Suchtrupp angeschlossen hat, haben sie sie als ziemliche Dramaqueen dargestellt, was ich recht unfair finde, wenn auch nicht ungewöhnlich für die Zeit. Zumindest sind ihre Expeditionskollegen nicht herablassend ihr gegenüber. Ich werde euch aber später noch etwas über sie erzählen.
Ed und Paula entdecken ihre Liebe füreinander und wollen Summerlee, der früher mal Pastor war, darum bitten, sie zu verheiraten (auch in der Wildnis muß man anständig bleiben, wißt ihr).
Während er auf Entdeckung geht, findet Roxton die Überreste von Paulas Vater und bringt ihr dessen Uhr. Als er von der geplanten Heirat hört, versteckt er seine eigene Liebe für Paula.
Dann bricht der Vulkan auf dem Plateau aus und all die Tiere und Menschen versuchen, vor dem Feuer und der Lava zu entkommen.
Inzwischen haben Austin und Zambo aber einen Plan geschmiedet, wie sie die anderen vom Plateau herunterkriegen. Sie haben eine Strickleiter angefertigt und lassen Paula nach Jocko rufen, damit er hinaufklettern und ihnen das Seil bringen kann, mit dem sie die Leiter heraufziehen. Ich finde ja, er ist der Held des Films.
Ed ist als letzter am Absteigen, aber der Affenmensch fängt an, die Leiter wieder heraufzuziehen. Nur ein Schuß von Roxton kann Ed retten.
Nun da sie wieder in ihrer Welt zurück sind, sagt Paula die Hochzeit wegen des Versprechens ab, das Ed Gladys gegeben hat.
Während eines der Dinosaurierkämpfe ist ein Brontosaurus vom Plateau in den Flußschlamm gefallen. Er steckt fest, ist aber am Leben, und mit der Hilfe einer geodätischen Vermessungstruppe, die am Plateau aufgetaucht ist, nachdem sie den Ausbruch gesehen haben, schaffen sie, ihn auf ein Schiff zu bringen und damit heim nach London.
Während des Entladens geht etwas schief, der Brontosaurus entkommt und streift durch die Straßen Londons, bis er zur Tower Bridge kommt, die unter seinem Gewicht zusammenbricht (bin ich übrigens die einzige, die sich fragt, was sie ihm auf dem Schiff wohl als Futter gegeben haben?).
Ed spricht Gladys an, die ihn informiert, daß sie nicht auf ihn gewartet, sondern einen Ladenangestellten geheiratet hat, was bedeutet, daß der Weg für seine und Paulas Liebe frei ist. Roxton gratuliert ihnen und nimmt den Verlust als der Sportsmann hin, der er nun einmal ist.
Challenger allerdings bricht zusammen, als er seinen Brontosaurus in den Ozean hinausschwimmen sieht.
Ich glaube, es ist einfach, darin übereinzustimmen, daß die Dinosaurier die echten Stars des Films sind (obwohl ich sagen muß, daß sowohl die Dinosaurier und die Menschen eine gute schauspielerische Leistung abgeliefert haben).
Ohne sie wären es nur ein paar harte Männer gewesen, die sich aufmachen, harte Dinge zu tun, sich einen Weg durch den Dschungel hacken, die Welt beeindrucken (da hängt definitiv Kolonialismus in der Luft, auch im Verhalten gegenüber dem "minderwertigen" Affenmenschen, der eigentlich nur sein Territorium verteidigt) - und Frauen (das ist für dich, Ed, war das nicht eine etwas überstürzte Entscheidung?).
Wie eindrucksvoll wären sie aber ohne die Dinosaurier noch gewesen? Nicht mehr als die Geodäten, die ja offensichtlich auch kein Problem damit hatten, das Plateau zu finden.
Ed hatte Glück, Paula statt Gladys zu haben, die nicht mal ein Jahr warten konnte, um einen sehr un-abenteuerlichen Mann zu heiraten (ich weiß, daß das kein Wort ist), aber wißt ihr ... Spoileralarm, hier kommt ein schneller Blick auf die Unterschiede im Buch, also lest jetzt nicht weiter, wenn ihr das Buch lesen wollt!
Maple White starb nicht auf dem Plateau, sondern in einem Dorf der Einheimischen, wo Challenger ihn und sein Tagebuch fand. Später finden sie die Überreste eines Kumpans von White. Dafür gibt es aber keine Paula. Ich schätze, sie haben sie eingeführt, weil Filme zu der Zeit eine Liebesgeschichte mit Happy End brauchten.
Auf dem Plateau lebt nicht ein Affenmensch, sondern zwei Stämme - die großen Affenmenschen und ein indigener Stamm kleinerer Menschen, die die anderen wegen ihrer Grausamkeit fürchten. Die Entdecker retten ein paar der Menschen vor ihren Feinden, darunter den Sohn des Häuptlings, der ihnen dann später hilft, dem Plateau über einen Höhlentunnel zu entkommen.
Challenger bringt keinen Brontosaurus heim, sondern läßt sich von Roxton einen jungen Pterodactylus fangen, der dann entkommt und durch London fliegt.
Ed kommt tatsächlich zu einer verheirateten Gladys nach Haus, ihr Mann ist ein Rechtsanwaltsgehilfe.
Roxton eröffnet seinen Freunden, daß er in der verlorenen Welt Diamanten gefunden hat und sie natürlich mit ihnen teilen wird. Challenger will sich ein Privatmuseum bauen, Summerlee in Ruhestand von der Lehre gehen und Kreidefossilien klassifizieren.
Roxton nimmt an, daß Ed heiraten wird, aber als er ankündigt, selber eine Expedition zusammenstellen zu wollen, um zur verlorenen Welt zurückzukehren, sagt Ed, dem das Herz gebrochen wurde, daß er ihn begleiten wird.
Es ist eine Schade, aber Zambo wird nicht mehr erwähnt, nachdem die Gruppe nach England zurückgekehrt ist, eine Schande, weil er derjenige war, der am Fuße des Plateaus ausgehalten hat, nachdem die restliche Crew (kein Austin übrigens) geflüchtet ist, und der die Zinne mehr als einmal als Kontakt zur Außenwelt bestiegen hat. Ich fand, er war ein wichtiger Teil der Expedition.
Im Buch gibt es auf jeden Fall mehr Action als im Film, aber das ist schon okay, denn, ähm, habe ich schon erwähnt, daß wir im Film coole Dinosaurier haben?
Dafür haben wir Willis "Obie" O'Brien
zu danken, dessen Boss die Filmrechte zu Doyles Werk hielt. Obie war ein Pionier in Spezialeffekten und des Stop-Motion-Trickfilms (sein Schützling war übrigens Ray Harryhausen) und "Die verlorene Welt" war nach mehreren Kurzfilmen sein erster Langfilm.
Während seine ersten Modelle noch aus Ton gemacht waren, waren diese Dinosaurier mit einer Gummihaut über Metalarmaturen hergestellt und hatten eine Blase im Inneren, durch die man Atembewegungen simulieren konnte - einer meiner Lieblingseffekte.
In den Quellen (leider habe ich wieder kaum etwas Ausführliches auf Deutsch gefunden) habe ich nur ein paar der Blogposts und Artikel aufgeführt, die ich gelesen habe, damit ihr Extrabilder aus dem Film sehen könnt, falls ihr vielleicht noch einen kleinen Anstoß braucht, um ihn anzuschauen. Es gibt zum Beispiel noch mehr Informationen über die Fassungen oder die neue Musik von 2016 (die ich in der Lautstärke herunterdrehen mußte, weil ich sie etwas
Nochmal, wenn ihr den Film anschaut, denkt daran, daß das 100 Jahre her ist.
So beginnen der Roman (in der englischen Fassung, nicht der deutschen Übersetzung) und der Film und ich finde, das sagt schon alles.
"Ich habe meinen einfachen Plan verwirklicht
Wenn ich eine Stunde Freude schenke
Dem Jungen, der ein halber Mann ist,
Oder dem Mann, der ein halber Junge ist."
Doyle schrieb gern Abenteuerromane und der Film ist ein Abenteuer. Für Jungs.
Und dennoch hatte ich ebenfalls Spaß damit. Dinosaurier!
Quellen (3. bis 7. englischsprachig):
1. Michael Haul: Die verlorene Welt - The Lost World (1925). Auf "Astron Alpha", 29. Dezember 2017
2. Arthur Conan Doyle: Die verlorene Welt. 1926. Auf "Project Gutenberg" (Original von 1912)
3. Sir Arthur Conan Doyle's "The Lost World" - eine Seite mit viel Information über den Roman und die Filme und Serien und Merchandise und mehr
4. Lea Stans: Thoughts On: "The Lost World" (1925). Auf "Silent-ology", 9. September 2019
5. Kristin Hunt: The 1925 Movie That Paved the Way for King Kong. Auf "JSTOR Daily", 10. Oktober 2019
6. Kristin Thompson und David Bordwell: THE LOST WORLD refound, piece by piece. Auf "David Bordwell's website on cinema. Observations on film art", 2. Oktober 2017
7. Leonard Maltin: Before King Kong: A lost world found. Auf "Leonard Maltin", 1. Oktober 2017
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen