Ihr wißt vielleicht nicht, daß ich ein Riesenfan von David Zinn bin. Wenn ihr auf Facebook oder Instagram, YouTube oder TikTok seid, bin ich mir ziemlich sicher, daß ihr seine Arbeit schon mal gesehen habt.
Nun eine kleine Warnung oder Entschuldigung. Ich liebe Davids Kunst so sehr, aber ich weiß nicht, ob ich die richtigen Worte finden werde, um das zu erklären. Manchmal bin ich voller Worte, aber die richtigen kommen nicht raus. Das kann dann zu etwas führen, das in meinem Kopf total Sinn macht, aber aufgeschrieben nicht so sehr.
Das ist von Davids Website:
"Jetzt ist Mr. Zinn dank der Versuchungen einer Schachtel Straßenkreide an einem ungewöhnlich sonnigen Tag auf der ganzen Welt für die Kunst bekannt, die er zu seinen Füßen erschafft. Davids temporäre Straßenzeichnungen bestehen ausschließlich aus Kreide, Kohle und gefundenen Objekten und werden immer vor Ort durch einen Prozeß improvisiert, der (fast niemandem) als "ephemere pareidolische Anamorphose" bekannt ist.
Seinem TEDx-Talk zufolge ist das keine "capital A Art" (Kunst mit großem K), sondern "small a art" (Kunst mit kleinem k).
Es ist Kunst, die nicht lange hält, Kunst, die man aus einem bestimmten Winkel sehen muß, um das Bild richtig zu erkennen, Kunst, die davon inspiriert ist, daß man eine Bedeutung oder ein Bild in etwas erkennt, das ursprünglich nichts damit zu tun hat, so wie man einer Wolke etwas erkennt, das für den Verstand Sinn ergibt, eine Kuh oder ein Auto.
Das letzte kennen wir alle. Ich sehe regelmäßig Gesichter, Drachenköpfe und anderes in meinen Badezimmerfliesen und das macht mir auch keine Sorgen, solange sie nicht anfangen, laut mit mir zu reden.
Was ich aber noch nie gemacht habe, ist, mit dieser Pareidolie zu arbeiten und Rissen, Linien, Kaugummiflecken, Blätter, Büsche oder Metallabdeckungen auf der Straße zu nutzen, um daraus etwas Witziges, Verrücktes, Herzerwärmendes zu machen. Ich habe ein paar Schmuckstücke gemacht, die als Art Kritzelei anfingen, zum Beispiel aus einem Stück verbogenen Draht, und daraus etwas Erkennbares gemacht, aber nicht so oft. Ich spiele zwar, aber die Ergebnisse sind meistens abstrakt.
David hingegen läßt uns an einer Welt aus Kreaturen teilhaben - wie Sluggo, das grüne Monster mit den Stielaugen, oder Philomena, das fliegende Schwein, Zwerge und Trolle, Hasen und Dinosaurier, Drachen und Hamster. Sie sind alle liebenswert, sogar die mürrischen, oft sind ihre Ängste und Freuden und Macken äußerst nachvollziehbar, und manchmal ist mir danach, ein Stück Straßenkunst zu umarmen oder mit ihm zu reden. Ich weiß, daß ich damit nicht allein dastehe, denn obwohl ich versuche, meinem eigenen Rat zu folgen und niemals die Kommentare auf sozialen Medien zu lesen, gibt es Posts, bei denen ich weiß, daß die Kommentare kein brennender Müllcontainer sind (wie es auf Englisch sehr passend genannt wird), und sie zeigen, wie sehr diese kleinen Kreaturen die Menschen ansprechen.
Ich bedauere sehr, daß ich niemals eine in echt sehen werde. David zeigt seine Kunst nicht nur in Bildern, sondern macht auch Videos davon, wie seine Kreaturen zum Leben erweckt werden, und es gibt auch Bücher, Drucke und Kalender, was wundervoll ist, aber egal wie gut ein Bild ist, glaube ich nicht, daß es genau dasselbe Gefühl auslösen kann.
Natürlich ist ein Punkt die Vorstellung, unerwartet darüber zu stolpern. In einem seiner Bücher sagt David, daß normalerweise nur ein paar Dutzend Leute seine Originalkunst zu Gesicht bekommen, wobei Festivals oder Veranstaltungen natürlich eine Ausnahme sind. Das ist nicht überraschend, wenn man sieht, wie Menschen herumrennen, ohne sich umzuschauen, mich selbst zweifellos eingeschlossen (außer dem Teil mit dem Rennen, daß ich so langsam laufe, könnte mir eine etwas bessere Chance verschaffen).
Es gab mal eine Zeit, in der ich auf meinem Heimweg bewußt nach oben schaute und Bleiglasfenster, Initialen an Häusern, sogar Mosaike entdeckt habe, die ich vorher nicht gesehen hatte. Ich glaube aber nicht, daß ich mir den Boden beim Laufen sehr bewußt anschaue, sondern nur wenn ich irgendwo sitze, und natürlich komme ich heutzutage sowieso nicht viel herum.
Wie groß wären meine Chancen also überhaupt, Kunst zu sehen, die mich nicht direkt anspringt wie zum Beispiel eine große Wand voller Graffiti?
Der andere Punkt ist, daß man auf den Bildern meistens von Anfang an den richtigen Winkel hat und man es nicht selber entdecken muß. Würde ich sonst überhaupt erkennen, was ich anschaue?
Würde ich Nadine sehen?
Ja, wir kommen endlich zu Nadine.
Sie ist mein absoluter Liebling, eine kleine Maus in einem blauen Kleid (hier könnt ihr ein paar Bilder von ihr finden). David nennt sie "eine Maus des Abenteuers".
Nadine schließt ohne Bedenken Freundschaften, mit Katzen, großen Fröschen, Schafen, Sluggo und sogar Drachen und dem Chalk Ness Monster.
Sie mag Abenteuer, genießt aber auch ruhige und einsame Zeiten mit einem Buch oder einem schönen Täßchen irgendwas.
Sie kümmert sich um Pflanzen, sie benutzt eine Kristallkugel, sie tanzt und sie scheint sehr im Moment zu leben und das zu genießen, was sie eben so tut.
Ich bin eine mürrische alte Katzenlady ... und ich glaube, ich beneide sie ein wenig darum, daß sie Nadine sein darf 😉
Vom ersten Mal an, als ich es sah, ging mir dieses Bild von ihr nicht mehr aus dem Kopf.
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"Nadines Privatinsel" Mit Erlaubnis von David Zinn |
Das ist nicht das einzige Mal, daß ich Nadine mit einem Buch gesehen habe, aber im Vergleich zur Hängematte oder dem Baum ist das hier ein wirklich privater Ort.
Hätten wir nicht alle manchmal gern unsere eigene Privatinsel?
Vor allem heutzutage? Ein Ort, an dem uns die Welt wenigstens für ein Weilchen nicht berühren kann? Kein Telefon (obwohl mein Handy selten an ist, ist mein Festnetz rege in Gebrauch), keine Technik, keine Nachbarn, keine lauten Autos, nur wir und ein Buch. Ich hoffe, es sind keine nervigen Boote vorbeigekommen, aber wie ich Nadine kenne, wäre sie darauf wahrscheinlich auch vorbereitet.
Auf jeden Fall bekam ich dieses nagende Gefühl eines Bedürfnisses und einer Herausforderung.
Das Bedürfnis war der Wunsch, hieraus Fan Art zu machen. Die Herausforderung war die Entscheidung, was ich genau machen sollte und wie, und das war nicht so einfach. Am Ende schien nur Sticken das Richtige zu sein.
Also schnappte ich mir einen 9 cm-Stickrahmen - denn Nadine ist eine kleine Maus - und verbrachte ein paar spaßige Tage mit Sticken.
Meine Palme ist nicht ganz zu hoch und ich bekam auch nicht die ganze Insel drauf, aber Nadine scheint das egal zu sein.
Die Blätter waren zunächst ein bißchen problematisch, weil ich noch nie zuvor Stumpwork (3D-Stickerei) ausprobiert hatte und mit der kleinen Größe zu kämpfen hatte. Nach vier oder fünf Versuchen gab ich mich schließlich geschlagen und begab mich auf vertrautes Terrain zurück, soll heißen, ich fädelte die Blätter stattdessen (und nahm mir die künstlerische Freiheit heraus, sie heller zu machen, weil ich nicht mehr genug dunkelgrüne Perlen hatte).
Leider sind meine Messingrahmen einen Tick zu klein, das haut mit den gefädelten Blättern nicht hin, und meine Holzrahmen sind für diese Szene zu düster.
Ich werde irgendwann schon etwas finden.
Als ich mitten in der Nacht fertig war, machte ich ein schnelles und nicht sehr gutes Bild, und bevor ich wie üblich zuviel darüber nachdenken und kneifen konnte, schickte ich David eine Mail und bat ihn um Erlaubnis, dieses Stück öffentlich teilen zu dürfen.
Könnt ihr euch vorstellen, wie ich mich fühlte, als ich am schon am nächsten Tag eine Antwort bekam? Natürlich hatte ich auf eine gehofft, aber ich war mir da ganz und gar nicht sicher und vor allem nicht so schnell. Und wie ihr aus diesem Post erkennen könnt, war es ein Ja, was mir echt viel bedeutete.
Um Davids Worte aus dem TEDx-Talk zu benutzen, als er die Geschichte des ohrlosen Micky erzählte, ich war "kindisch glücklich".
Dies ist nur für mich, eine kleine Erinnerung daran, daß ich versuchen sollte, vielleicht manchmal mehr wie Nadine zu sein. Ich lasse euch wissen, wie's läuft 😉
Außerdem bin ich mir sicher, daß es mich immer zum Lächeln bringen wird, wenn ich sie ansehe.