Von Jonathan Edward Durham auf Facebook:
"Ich empfehle nicht weniger als 4 Exemplare von einem geliebten Buch. Ein Taschenbuch für Reisen und um es Freunden auszuleihen, ein E-Book, das man mit fettigen Snackfingern liest, ein Hörbuch, damit man weiß, wie die Namen der Charaktere tatsächlich ausgesprochen werden, und ein einwandfreies gebundenes Buch, mit dem man wie ein Pharao begraben wird."
Okay, ich bin mir nicht sicher, ob ich hier vollkommen zustimme.
Ich kann zum Beispiel gar nicht mit fettigen Snackfingern essen, nicht mal auf meinem Tablet (nicht weil es noch ziemlich neu ist, sondern weil ich da einfach komisch bin). Ich bevorzuge sowieso gedruckte Bücher und fühle mich wie eine Verräterin an meinen eigenen Prinzipien, konnte aber der Anziehung von The Internet Archive nicht widerstehen.
Außerdem habe ich schon oft genug gesagt, daß Hörbücher nichts für mich sind.
Ich bin mir nicht mal sicher bei Taschenbuch gegenüber perfektem gebundenen Buch, aber da die Chancen, daß mir jemand eine Pyramide, auch nur eine kleine, baut, bei Null stehen, denke ich, daß ich mir darüber sowieso keine Gedanken machen muß.
Mehrere Exemplare eines Buchs hingegen .... nuuuun jaaaa ... es könnte möglich sein, daß ich da das eine oder andere habe ....
Hört sich komisch für euch an? Da habt ihr's, noch ein Beweis, daß ich seltsam bin.
Um es möglicherweise noch seltsamer zu machen, möchte ich euch noch sagen, daß ich diese Mehrfachexemplare selber gekauft habe. Das waren keine Geschenke zu einer Gelegenheit, in der jemand tapfer genug war, mir ein Buch von einem Lieblingsautor zu geben, weil sie dachten, ich hätte das noch nicht.
Warum aber würde ich überhaupt mehr als ein Exemplar eines Buches haben wollen?
Die folgenden Beispiele sind alles Kinderbücher. Das heißt nicht, daß ich überhaupt keine Mehrfachexemplare von anderen Büchern habe, aber es war am einfachsten für mich, nur einen Schrank durchzuschauen und etwas für jeden meiner Gründe zu finden.
1. "Ich habe dich so lang gesucht."
Als ich ein Kind war, hatte meine beste Freundin das Buch "Hand in Hand der Sonne nach" von Betty MacDonald. Es ging um zwei Waisenmädchen, die einer gräßlichen Heimschule entkommen und dabei neue Eltern finden.
Ich habe dieses Buch geliebt und als Erwachsene wollte ich es in meiner Sammlung haben. Leichter gesagt als getan, viel leichter! Es schien unmöglich zu sein, dieses Buch zu finden. Ich suchte in Antiquariaten, auf Flohmärkten, kein Erfolg.
Dann kam das Internet. Sicherlich war das nun meine große Chance. Träumt weiter. Ich suchte regelmäßig danach und meldete mich für Mailbenachrichtigungen auf Antiquariatsseiten an, aber es tauchte nicht viel auf und wenn doch, dann war jemand anders schon schneller gewesen. Dies war ein sehr gefragtes Buch, und soweit ich feststellen konnte, waren die Preise für die Ausgabe, die ich wollte, ziemlich lächerlich. Denn wißt ihr, ich wollte kein Taschenbuch, ich wollte genau das Buch, das ich als Kind geliebt hatte, wenn möglich mit Schutzumschlag.
Schließlich war ich diejenige, die Glück hatte. Es war nicht furchtbar teuer und ich konnte kaum glauben, daß es wirklich mir gehörte, nachdem ich "nur" ungefähr 25 Jahre oder so danach gesucht hatte.
Aus irgendeinem Grund war ich aber so daran gewöhnt, danach zu suchen, daß ich nicht gleich damit aufhörte. Darum habe ich jetzt mehr als eins. Oder zwei. Ich kann mich ja immer noch im Alter damit finanzieren, daß ich es, falls nötig, verkaufe, richtig (ja, offensichtlich ist es immer noch gefragt)? Naja, so wie die Preise gerade sind, kann ich wenigstens einen Tag Essen damit finanzieren.
Aber im Ernst, ich habe jetzt meinen Frieden gefunden und suche nicht mehr danach (... jedenfalls nicht sehr oft, aber nicht in der Absicht zu kaufen, ich schwöre).
2. "Ich frage mich, wie sie auf Englisch sind." oder "Ich möchte wenigstens ein Set haben, das gut aussieht."
Hört sich wie zwei Gründe an, aber für dieses Set war es tatsächlich eine Mischung.
Ich habe die Geschichte von "Wintersonnenwende" letztes Jahr erzählt, worum es geht, warum es so fertig aussieht und warum ich kein neues gekauft habe (wegen der Erinnerung).
Es ist das grün, ihr könnt sehen, wie schlecht es im Vergleich zu den anderen aussieht.
Also habe ich mir irgendwas das englische Set besorgt, weil der Preis zu der Zeit okay war, ich neugierig war, ob es Unterschiede zu den deutschen Übersetzungen gab und ich ein perfekt aussehendes Set hatte.
Ich habe noch andere Bücher auf Englisch und Deutsch. Manchmal ersetze ich die Übersetzung mit dem Original, manchmal fange ich eine Serie mit der deutschen Übersetzung an und mache dann auf Englisch weiter, entweder weil ich nicht auf die Übersetzung warten möchte - darum sind meine Pratchetts in deutsche Taschenbücher und englische Hardcovers aufgeteilt - oder weil eine Serie schlicht nicht mehr übersetzt wird, wobei ich mich immer frage, ob das Interesse in Deutschland nachgelassen hat oder was sonst der Grund dafür sein könnte, in einer Alphabet-Reihe bei R mit dem Übersetzen aufzuhören, wie es zum Beispiel bei Sue Graftons Serie um Kinsey Millhone geschehen ist.
Ich habe aber auch damit angefangen, die früheren Pratchetts Stück für Stück auf Englisch anzuschaffen. Solange ich noch Platz habe, muß ich nicht entscheiden, ob die deutschen Taschenbücher rausfliegen, aber wahrscheinlich wird das irgendwann passieren.
3. "Ich habe mehr als eine Ausgabe und ich kann nicht aufhören."
Das mag manchen als der seltsamste Grund erscheinen. Himmel, es kommt ja sogar mir manchmal komisch vor.
Warum sollte man unterschiedliche Ausgaben desselben Buchs haben wollen?
Okay, vielleicht eine ältere und eine moderne Übersetzung, wenn es deutliche Unterschiede gibt und man Spaß am Vergleichen hat, aber was für einen Grund könnte es noch geben?
Dafür gibt es nur ein Beispiel in meiner Sammlung. Es ist ebenfalls ein Kinderbuchset und das mag den Grund vielleicht etwas offensichtlicher machen. Sentimentalität.
Falls ihr meinen Post über die "Susanne Barden"-Bücher gelesen habt, wißt ihr, daß es mir nicht bei allen Büchern so geht. In diesem Fall habe ich die alte Ausgabe gekauft und die neuen in den öffentlichen Bücherschrank gebracht und das nicht bedauert. Das habe ich auch schon mit ein paar anderen Büchern gemacht. Wenn ich ein besser erhaltenes Exemplar gefunden habe, flog das alte raus, es sei denn, es hing irgendeine Geschichte daran. In der Tat habe ich vor, meine Bücher daraufhin durchzuschauen, ob noch irgendwo Extraexemplare sind, die ich einfach noch nicht gezogen habe. Wir sprechen hier übrigens nicht über Dutzende, wahrscheinlich nicht einmal zehn.
Vor einer Weile habe ich in einem Post offiziell eingestanden, daß ich den "Mary Poppins"-Film nicht mag (den mit Julie Andrews, die mit Emily Blunt habe ich nicht gesehen, habe ich auch nicht vor), aber daß ich die Bücher liebe.
Ich hatte vergessen, daß ich letzteres schon vor 15 Jahren in zwei Posts erwähnt hatte. Vielleicht sollte ich irgendwann mal über sie und ihre Schöpferin P.L. Travers schreiben.
Auf jeden Fall hatte ich diese Bücher als Kind aus der Stadtbücherei und nicht nur einmal. Ich liebte alles daran, die Geschichten (ja, es gibt eine mit veralteten Stereotypen, die in Überarbeitungen geändert wurden) und vor allem die Magie. Ich wollte so gern selber etwas von dieser Magie haben und vielleicht will das ein Teil von mir ja heute noch, ich weiß es nicht, aber die Bücher liebe ich noch immer.
Ich liebte auch die Illustrationen, so wird Mary für mich immer aussehen.
In einem Post über Kinderbuchillustrationen habe ich folgendes geschrieben: "Wenn ihr so wie ich seid, erinnert ihr euch vielleicht an die Illustrationen aus eurer Kindheit und lehnt neue Ausgaben mit neuen, vielleicht moderneren Bildern ab, weil diese Charaktere euch so vertraut sind, daß es unmöglich ist, wenn sie einfach so neue Gesichter bekommen. ... Es könnte interessant sein, eine Sammlung von Kinderbüchern zu haben, in der mehrere Ausgaben der gleichen Bücher stehen, um zu sehen, was verschiedene Illustratoren daraus gemacht haben."
Witzig, ich habe damals nicht mal dran gedacht, mir meine "Mary Poppins"-Ausgaben anzuschauen.
Die Originalreihe hat acht Bücher, meine Bücherei hatte nur vier davon (ein fünftes gab es übersetzt, aber das fand ich erst viele Jahre später).
Sie sahen so aus wie das links mit dem gestreiften Einband, der mich immer an eine altmodische Tapete erinnerte, mit einer anderen Farbe für jeden Band.
Diese vier Bücher habe ich in drei verschiedenen Ausgaben, eine neuere auf Englisch, eine ältere und eine neuere auf Deutsch. Auf dem Bild sind vier Bücher, weil ich auch noch eine Ausgabe der Buchgemeinschaft habe, dort wurde aber nur der erste Band veröffentlicht.
Ich habe noch eines der anderen vier Bücher in einer komplett anderen deutschen Ausgabe und die anderen drei auf Englisch, da sie, soweit ich weiß, niemals übersetzt wurden.
Es gibt kleine Unterschiede zwischen der älteren und der neueren deutschen Ausgabe. In der neuen wurde einzelne Wörter der moderneren Sprache angepaßt, zum Beispiel wurden aus Mister und Mistreß Banks dann Mr. und Mrs. Banks und der Polizist aus der neuen Ausgabe war früher ein Schutzmann.
Die Unterschiede sind jedoch zu klein, um als Grund dafür zu dienen, die neuen zu behalten. Auch die Illustrationen machen es nicht aus. Nur die Umschläge sind verschieden, nicht die Bilder in den Büchern. Im Moment behalte ich die neuen, naja, nicht so neu, ich habe sie vor 35 Jahren gekauft (damals notierte ich noch das Datum im Buch), wegen der Geschichte, wie und wo ich sie gekauft habe.
Den Band von der Buchgemeinschaft behalte ich auf jeden Fall, weil die Illustrationen anders sind.
Update 7. August: Überraschenderweise habe ich gerade alle vier Bände der frühen Ausgabe für einen guten Preis bekommen, in Halbleinen gebunden und mit Schutzumschlägen, was mich echt glücklich macht. Von den Stempeln in den Büchern konnte ich feststellen, daß ich sie von der ursprünglichen Eigentümerin gekauft habe. Vielleicht sollte ich mich darauf vorbereiten, die Ausgabe aus den späten 80ern jetzt ziehen zu lassen, was denkt ihr?
Falls ihr noch hier bei mir seid - kopfschüttelnd oder nicht - würdet ihr dann gern ein paar Illustrationen vergleichen?
Dies ist Mary, wie sie von Mary Shepard gesehen wurde, der ursprünglichen Illustratorin für die englischen Bücher.
Vielleicht habt ihr von ihrem Vater gehört, E. H. Shepard, der zum Beispiel "Winnie Pu" und "Wind in den Weiden" illustriert hat. Tatsächlich war er auch derjenige, der als erster wegen "Mary Poppins" angesprochen wurde, aber er war zu beschäftigt, um den Auftrag annehmen zu können. Travers sah zufällig eine Weihnachtskarte mit einer Zeichnung seiner Tochter, die dann alle Bücher illustrierte.
Es war keine einfache Zusammenarbeit, vor allem für Mary und besonders zum Schluß hin, da Travers "die Illustrationen weniger als eigenständige Kunst als als Diener der Texte ansah", was dazu führte, daß Mary ziemlich vergessen bleibt, wenn der Erfolg der Bücher diskutiert wird. Ich werde am Schluß zwei englischsprachige Quellen anhängen, falls ihr mehr wissen möchtet und mehr Illustrationen sehen wollt.
Mein eigenes Bild von Mary Poppins wurde allerdings von dem deutschen Illustrator Horst Lemke geprägt (der nach Walter Triers Tod auch Erich Kästners Bücher illustrierte). Seine Bilder sind in beiden deutschen Ausgabe und ich liebe sie so sehr wie die Bücher selber.
Mary ist keine warme Person. In meinem alten Post schrieb ich "sie ist stur, sie ist streng und ernst und hat eine sehr hohe Meinung von sich selbst" - was Mrs. Bank mehr als einmal ärgert - "und trotzdem ist sie liebenswert ...". Um ehrlich zu sein, bin ich mir nicht mehr sicher, daß das das richtige Wort ist. Die Kinder lieben sie, für die Magie und das Abenteuer und weil sie sich bei ihr geborgen fühlen, und ich bin mir sicher, sie liebt sie, aber sie weiß, daß sie nicht immer für sie da sein wird.
Nur wenn sie mit Bert zusammen ist, läßt sie sich etwas gehen, ich denke, weil es schwierig ist, seiner Freude am Leben zu widerstehen.
Ich finde, Lemke hat diesen etwas unnahbaren und professionellen Zug an Mary sehr gut eingefangen.
Ich weiß nicht, ob es ist, weil ich die Bücher so gut kenne, aber könnt ihr sehen, wie Michael hüpft, die ältere Jane schon etwas ruhiger ist und Mary sie unter Kontrolle zu haben scheint, obwohl sie Michael nicht einmal an der Hand hat. Vielleicht ist es die Art, wie sie ihren Schirm hält.
Das hier ist eine Illustration von Emanuela Delignon, einer österreichischen Illustratorin und Grafikerin, für die Ausgabe der Buchgemeinschaft, die auch gut funktioniert, ich bevorzuge aber trotzdem Lemkes klarere Linien.
Tatsächlich konnte ich im ersten englischen Buch gar nicht viele Bilder von Mary finden. Ich hätte gerne dieselbe Szene von allen dreien gefunden, um sie vergleichen zu können, aber das ist das Beste, was ich diesbezüglich hinbekommen habe.
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Mary Shepard |
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Horst Lemke |
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Emanuela Delignon |
Gibt es Bücher, von denen ihr mehr als ein Exemplar habt?
Bitte sagt mir, daß ich nicht als einzige seltsam bin 😉
Quellen zu Mary Shepard (englischsprachig):
1. Margaret Baguley and Martin Charles Kerby: Mary Shepard: the artist who brought Mary Poppins to life. Auf: The Conversation, 24. Dezember 2020
2. Shelley Lloyd: Forgotten Mary Poppins illustrator finally recognised after international search reveals rare original drawings. Auf: ABC News Australia, 20. März 2020
Es tut mir leid, daß meine Quellen meist nur englischsprachig sind, aber mein englischer Blog wird einfach mehr frequentiert und der Zeitaufwand für die Recherche ist oft so groß, daß ich nicht auch noch die Zeit finde, adäquate deutsche Quellen zu suchen. Sollte euch ein Artikel interessieren, gibt es Übersetzungsprogramme, die zumindest einen Eindruck vermitteln können.