Samstag, 16. August 2025

Einfach nur so Samstag - Bücher auf Reisen

In meinem Post über "Der kleine Nick" vor ein paar Tagen habe ich gesagt, daß meine persönlichen Exemplare der Bücher eine eigene Geschichte haben.
Hier ist sie.

Das Jahr ist 1994 und es ist zwei Tage vor meinem Geburtstag.
Wir drei Schwestern nehmen zufällig nach der Arbeit denselben Zug und meine älteste Schwester hat mein Geburtstagsgeschenk in einer Tüte, das sie gerade vom Buchladen auf dem Weg zum Bahnhof abgeholt hat.
Die Fahrt von Bad Cannstatt dauert ungefähr 30 Minuten. Wir reden, wir lachen, wir steigen aus dem Zug ... da bemerkt meine Schwester, daß sie die Büchertüte im Zug gelassen hat!
Es ist zu spät, nochmal einzusteigen, also bleiben jetzt nur zwei Dinge zu tun, 1. zum Service-Büro zu gehen und zu sie darum bitten, jemanden zu kontaktieren, 2. zu hoffen, daß sich kein Fahrgast die Tüte schnappt und sich denkt, daß das doch nette Bücher sind.

Etwas im Zug zu verlieren oder zu vergessen ist ein Glücksspiel. Manche geben so etwas dem Schaffner, damit es ins Fundbüro des Bahnunternehmens kommt (und in eine Auktion, falls niemand darauf Anspruch erhebt), aber manche denken sich "selber schuld" und behalten es oder denken wenigstens darüber nach (habe ich selber schon gesehen) und manche ignorieren es einfach.
Beim Service sagte man meiner Schwester, daß sie jemanden an der Endstation kontaktieren würden, damit der Schaffner im Zug nachschauen könnte, falls er die Tüte nicht sowieso schon selber gefunden hätte.
Wenn die Tüte da wäre, würden sie sie mit dem nächstmöglichen Zug zurückschicken und beim Service-Büro abgeben, wo meine Schwester sie dann am nächsten Tag abholen könnte.

Das Glück war auf unserer Seite und meine Schwester holte die Tüte am nächsten Tag ab.
Um das zu feiern, zeichnete sie in jedes Buch ein kleines Bild, um die Geschichte zu erzählen.

Von links nach rechts - meine Schwester A., moi und meine
Schwester B. In der Zeichnung gibt es eine Menge Details, von A.s
Zopf bis zu meinen langen Haaren, die ich offen trage, und B.s Bob,
aber auch A.s typischer Rucksack, mein Shopper und B.s Tasche,
und natürlich die Büchertüte, auf der "Stehn" steht, ein
Buchladen, den es heute nicht mehr gibt.

An diesem Bild liebe ich zwei Dinge besonders.
Da ist einmal die Firma Hengstenberg, die nächstes Jahr 150
Jahre alt wird und Essig, Eingelegtes, Senf usw. produziert.
Heute sind nur noch Büros in dem Gebäude, aber es ist trotzdem
noch Teil der regionalen Geschichte.
Außerdem ist das noch einer der alten Züge. Es ist durchaus
möglich, daß wir in einem davon fuhren, denn die Doppelstockzüge
wurden um die Zeit gerade erstmal eingeführt.
Könnt ihr uns im letzten Fenster sehen?
 

Oh nein! Wir sind daheim aus dem Zug gestiegen, aber die Tüte
ist noch da drin! Unsere schockierten Gesichter bringen mich
jedes Mal zum Lächeln 
🙃

Sagt mir ohne Worte, wie die Bücher von Geislingen von Göppingen
zurückfuhren. Sind euch die Geschwindigkeitslinien aufgefallen?

Das Service-Büro der Deutschen Bahn (das es auch nicht mehr gibt,
weil sie den Vertrag für diese Strecke vor einigen Jahren verloren
haben und weil sie sowieso erwarten, daß man sich um seinen
eigenen Service kümmert) am Tag vor meinem Geburtstag.
An der Uhr kann man erkennen, daß A. und ich unseren zu dieser
Zeit üblichen Zug genommen haben, und oh Wunder, er war auch
noch pünktlich!


Ich finde, die Zeichnungen machen diese Bücher wirklich ganz besonders. Meint ihr, daß jemand sie irgendwann mal in der Zukunft in den Händen halten wird und sich fragt, was das wohl alles zu bedeuten hatte ...

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