Die Idee, daß "Kleider Leute machen", gibt es schon viel länger, als ihr vielleicht denkt, und viele berühmte Leute haben darüber gesprochen.
Darum geht es auch im heutigen Film, "Skinner's Dress Suit" von 1926. Ich konnte keine deutsche Version dafür finden.
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Hier die Handlung (Spoileralarm):
Mr. und Mrs. (Honey) Skinner, ein absolut gewöhnliches Ehepaar in einem Vorort von New York.
Honey denkt, daß es nichts gibt, was ihr Mann nicht kann, und sie denkt außerdem, daß er eine Gehaltserhöhung verdient und danach fragen sollte.
Der Chef lehnt ab. Skinner bringt es jedoch nicht übers Herz, das Honey zu sagen, die bereits ein Festmahl mit einem Kuchen vorbereitet hat, auf dem "Erfolg" steht. Sie fängt sofort an, das Geld auszugeben, für einen Abendanzug für ihren Mann und ein Kleid für sich selber, damit sie auf eine wichtige Party gehen können.
Da sie niemand kennen, fühlen sie sich zunächst sehr unwohl auf der Party, aber Skinner hat bei der Arbeit den "Savannah Shuffle" gelernt und ihn telefonisch an Honey weitergegeben., also haben die Skinner dann doch ganz schnell jedermanns Aufmerksamkeit, indem sie ihnen den Tanz beibringen.
Von seinem Gewinn an sozialem Status ermutigt, bittet Skinner erneut um eine Gehaltserhöhung.
Leider ist gerade eine Erneuerung des größten Vertrages mit einem Samuel Jackson geplatzt. Es wird also nicht nur die Erhöhung abgelehnt, nein, diesmal wird Skinner sogar vom Senior- und Juniorpartner gefeuert.
Genau dann erhält er auch noch wegen seines überzogenen Kontos Bescheid, der Schneider kommt bei seinem Haus vorbei, um den Abendanzug zurückzuholen, und die Leute vom Möbelladen wollten die Möbel zurückholen, die die Skinners gekauft haben.
Trotzdem gehen Honey und er auf die Ames-Party im Hotel Ritz, aber Skinner kann sein Problem einfach nicht vergessen.
Auch im Ritz, aber nicht eingeladen sind Jackson und seine Frau, die nichts mehr will als auch dort hinein zu dürfen. Als sie Skinner sieht, denkt sie, daß er einen hohen sozialen Status haben muß und drängt ihren Mann, zu ihm zu gehen und sich mit anzufreunden.
Nachdem sie den Ballsaal wieder betreten, tanzt Jackson mit Honey und Skinner mit Mrs. Jackson. Jackson ist so beeindruckt, daß er Skinner einen Vertrag über eine halbe Million Dollar anbietet, was dazu führt, daß die Partner am nächsten Tag bei seinem Haus auftauchen und ihm eine Partnerschaft in der Firma anbieten.
Dies ist kein Slapstick-Schenkelklopfer. Den meisten Körpereinsatz gibt es bei den Tanzszenen und die sind wirklich sehr witzig, vor allem die, in der Skinner übers Telefon den neuen Tanz beibringt und dann von seinem Boss dabei erwischt wird, aber auch der Teil, in dem er mit Jacksons Frau tanzt, nachdem er von dem Vertrag gehört hat. Ich fühle mit ihr, das könnte auch ich sein, die da wie so ein Mehlsack in seinen Armen hängt. Leider war genau diese Szene viel verschwommener als die meisten anderen, aber ich denke, ihr wißt, was ich meine.
Reginald Denny und Laure La Plante hatten als die Skinners eine großartige Chemie.
Skinner liebt seine Frau und will alles tun, um sie glücklich zu machen, und sie vergöttert ihn, also denkt sie ernsthaft, daß er so wichtig für die Firma ist, daß die Chefs gar nicht anders können als ihm eine Gehaltserhöhung zu geben.
Denny war gerne in den Filmen, die er machte, involviert, tatsächlich hat er mehrere Geschichten für Filme entworfen und er hatte auch La Plante für diesen Film empfohlen, nachdem er schon zuvor mit ihr gearbeitet hatte.
Er war außerdem für die Schritte des Savannah Shuffle" verantwortlich, einer Mischung aus "Charleston, Gaby Glide (nach der berühmten Tänzerin Gaby Deslys benannt) und Entenwatscheln".
Es waren aber nicht nur sie, did dies zu seinem netten und witzigen Film machten. Mein Liebling unter den Nebenrollen war Lucille Ward als Mrs. Jackson dafür, wie sie ihren Mann ansieht, aber auch für das subtile Flirten mit Skinner.
Es gab nicht sehr viele Zwischentitel außer ein paar, die unbedingt nötig oder witzig waren, aber dank der visuellen Qualität der Szenen und der Darstellung war es absolut kein Problem, der Handlung zu folgen.
Ich hatte wirklich Spaß mit diesem Film und bin froh, daß ich ihn auf demselben Kanal wie "Ein Mädel mit Tempo" gefunden habe, ebenfalls mit Jazzmelodien aus der Zeit als Hintergrundsmusik.
Der Film ist eine Adaptierung des Romans von 1916 von Henry Irving Dodge (es gibt auch eine Verfilmung von 1917, aber die konnte ich nicht finden). "Skinner" war eine so erfolgreiche Figur, daß es mehrere Geschichten über ihn gab und auch verschiedene Filme dazu, die ich jedoch nicht finden konnte.
Ich habe das Buch gelesen und es gibt einige Unterschiede.
Skinner bekommt keine Gehaltserhöhung, er wird aber nie gefeuert. Seine Chefs erkennen den Wert seiner Arbeit durchaus, lassen sich jedoch aus verschiedenen Gründen nicht darüber aus.
Zum Beispiel mag Perkins, der Juniorpartner, seine Kleider nicht. Anders als andere in ihrer Nachbarschaft sparen die Skinners soviel Geld wie möglich, auch an Ausgaben wie Kleidung. Honey kann ihre eigenen Kleider umarbeiten, aber die von Skinner sind einfach nur schäbig und das macht eben keinen guten Eindruck.
Als McLaughlin und Perkins ihn im Abendanzu und kurz darauf in einem Geschäftsanzug sehen, haben sie Sorge, daß sich "der Wurm krümmen wird", und wenn sie Skinner das Gehalt erhöhen, werden das dann nicht auch alle anderen wollen?
Sie fragen sich auch, wie sich Skinner das alles auf einmal leisten kann und warum er das wollen sollte? Sie glauben, es ist ein Zeichen dafür, daß er dank der Tips seiner neuen Freunde (die ihn womöglich von der Firma weglocken wollen!) spekuliert - er zahlt jetzt ja sogar mehr für den Pullman-Waggon für seine Pendelei - und wir wissen alle, wohin das führt ... erst Verlust und als nächstes Unterschlagung!
Also denken sie sich einen raffinierten Plan aus. Sie schicken Sinner in den Mittleren Westen, damit sie während seiner Abwesenheit seine Unterlagen prüfen lassen können. Obwohl sie wissen, daß es hoffnungslos ist, weil es jeder andere schon probiert hat, beauftragen sie ihn, sein Bestes zu tun, um Willard Jackson wieder für sie zur Firma zurückzuholen.
Womit sie nicht rechnen ist, daß Skinner tatsächlich jetzt nicht nur neue Kleider hat, er hat auch seinen sehr scharfen Verstand und einen eigenen raffinierten Plan, mit dem er den Vertrag mit Jackson abschließen kann und sich die Partnerschaft in der Firma sichert.
Es gibt im Buch auch keinen jüdischen Schneider (der - nicht ungewöhnlich für die Zeit - ein wenig als Karikatur dargestellt wird, wir haben aber schon Schlimmeres gesehen), kein Brief von der Bank, keine Leute vom Möbelladen.
Also ist das Buch eigentlich gar nicht so witzig, dafür erlaubt es Skinner, aus eigenem Verdienst noch mehr über Kleidung und sozialen Status hinauszuwachsen. Es war angenehm zu lesen und ich habe die anderen drei Skinner-Bücher schon auf meine Leseliste gesetzt.
Quellen (englischsprachig):
1. Jeffrey Vance: Skinner's Dress Suit. Essay. Auf: San Francisco Silent Film Festival 2022
2. Skinner's Dress Suit (1926). Auf: Silentfilmcalendar.org
3. Fritzi Kramer: Skinner's Dress Suit (1926) - A silent film review. Auf: Movies Silently, 5. November 2017
4. Laura ?: Tonight's Movie: Skinner's Dress Suit (1926) - A Kino Lorber Blu-ray Review. Auf: Laura's Miscellaneous Musings, 18. Oktober 2020
Es tut mir leid, daß meine Quellen meist nur englischsprachig sind, aber mein englischer Blog wird einfach mehr frequentiert und der Zeitaufwand für die Recherche ist oft so groß, daß ich nicht auch noch die Zeit finde, adäquate deutsche Quellen zu suchen. Sollte euch ein Artikel interessieren, gibt es Übersetzungsprogramme, die zumindest einen Eindruck vermitteln können.
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