"Und sie suchen nach Strickern, die einen Schal spenden", schrieb meine Freundin aus den USA.
Außer einem WIP (nein, schaut es nicht an, sonst wird es aufwachen und verlangen, fertiggestellt zu werden!) hatte ich seit Jahren nicht gestrickt. "Ein Schal ist aber nicht so schwierig. Wird nicht so lange dauern. Du wirst nicht groß dabei nachdenken müssen. Du kannst ihn mit in den Zug nehmen. Es wird Spaß machen." Das dachte ich und meldete mich freiwillig, einen zu machen.
Versteht mich nicht falsch, es hat beinahe so hingehauen. Es hat Spaß gemacht. Es fühlte sich gut an, mit Wolle zu arbeiten. Es war einfach, ihn mit in den Zug zu nehmen.
Was ich vergessen hatte war, daß ich an solches Stricken nicht mehr gewöhnt war und daß mein Daumen in letzter Zeit gesponnen hatte. Mir war nicht klar gewesen, daß ich zwischendrin immer Pausen brauchen würde. Ich hatte nicht daran gedacht, wie lang ein Schal sein kann und wie man dann anfängt, ihn dauernd zu messen, weil der Termin schnell näherrückt. Schließlich mußte ja auch noch die Post mitspielen.
Noch eine Reihe. Noch eine Reihe. Noch eine Reihe, bevor der Zug am Bahnhof ist? Scheint, ich habe auch vergessen, wie sehr ich es hasse, mitten in einer Reihe aufzuhören, nur weil ich aus dem Zug steigen muß.
Wird es genug Wolle sein (nein - es war nochmal ein Besuch im Laden notwendig)?
Dazu kam noch eine andere Art von Druck. Meine Schwester. Nein, sie hat mich nicht unter Druck gesetzt, das ist es nicht.
Als ich sie fragte, ob sie mit mir ins Kaufhaus gehen mochte, erzählte ich ihr auch, wofür ich Wolle besorgen wollte. und glaubt es oder nicht - ich komme also zum Kaufhuas und das erste, was meine Schwester macht, ist, daß sie einen Schal aus ihrer Tasche zieht.
Was zum .... Wann hatte sie Zeit, einen Schal zu stricken? Es zeigte sich, daß sie ihn für sich selber gemacht hatte, seiner aber schließlich müde wurde (oh, wie ich dieses Gefühl kenne). Es waren zwei Hälften in unterschiedlichen Farben, passend zu zwei verschiedenen Mänteln, und es fehlten nur die Fransen auf einer Seite, für die sie mir noch die Wolle überreichte. Ich schien beinahe so, als hätte dieses WIP nur hierauf gewartet.
Hier geht es nicht um Konkurrenz zwischen Geschwistern, aber wie peinlich wäre es gewesen, ihren Schal zu schicken und meinen nicht mal fertigzumachen? Der Druck kam rein von mir selber.
Vor ungefähr dreißig Minuten habe ich den letzten Fransenfaden eingezogen. Yay!
Nun brauche ich nur noch ein paar gedrückte Daumen, daß sie es beide rechtzeitig schaffen werden, wenn ich sie am Montag losschicke!
Aber ehrlich gesagt, es wird auch schön sein, zum Schmuck zurückzukehren :-D
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