Dienstag, 10. November 2009

Mit der Nase hoch in der Luft

Bist du jemals mit der Nase in der Luft durch die Straßen deiner Heimatstadt gewandert? Von Zeit zu Zeit mache ich das gern und heute war so eine Gelegenheit. Ich vermisse die alte Stadt.

Ich wurde hier geboren und fast täglich sehe ich, wie etwas verschwindet. Erst kürzlich haben sie ein kleines Gebäude, das zu meiner Schule gehörte, abgerissen. Es wurde Lu genannt, weil der Eingang an der Lutherstraße lag. Ich hatte dort meine Englisch- und Lateinstunden. Wir saßen im Sommer im Garten und fragten uns, was Cicero uns tatsächlich zu sagen versuchte. Mein Bruder rief mich spät am Abend an und rief ins Telefon: "Sie reißen das Lu ab! Die Hälfte davon ist schon weg!" Nicht daß meine Stadt je viel zu bieten hatte, wie es scheint. Zwei große Brände
(1425 and 1782) ließen nicht viele der wirklich alten Gebäude übrig und viele mehr wurden von dem ersetzt, was ich nur als Architektursünden (nur meine Meinung) bezeichnen kann, vor allem in den 70ern, kein Jahrzehnt, das ich als für seine elegante Architektur berühmt nennen würde. Aber wenn man genauer hinsieht, kann man immer noch charmante Kleinigkeiten in der Stadt finden.

Da ist die Privatstraße mit den Kieselsteinen, da ist das Haus mit dem altmodischen Glasanbau hintenraus oder das mit dem schönen und wilden Garten, der im Sommer so hübsch aussieht. Aber wenn man ein bißchen höher guckt, sieht man das alte Haus, an dessen Seiten immer noch in großen Buchstaben "Käselager" steht
, aus den 1920ern, würde ich schätzen, oder das mit dem Bleiglasfenster, das einen Schwan zeigt und das einem noch nie vorher aufgefallen ist. Sieh dort hinauf, da ist immer noch ein Muster in den Dachschindeln, und dieses Haus, von der Seite gesehen, erinnert dich an das Haus der alten Frau Vogel mit seinem grau/weiß-gewürfelten Muster. Sie hatte Hühner und liebte es, wenn Kinder sie besuchten (was wahrscheinlich absolut nichts mit dem Muster zu tun hatte ;-)). Wo ihre Hühner früher im Gras futterten, ist heute ein Parkplatz. Welches der Kinder, die heute dort entlanglaufen, um zu der Halfpipe zu kommen, die sie auf der anderen Straßenseite gebaut haben, weiß, daß dort ein kleiner Weg und daran entlang der Stadtbach verlief?

Als ich heute nach Hause ging oder eher schlenderte, wurde es schon dunkel, darum konnte ich nicht mehr deutlich sehen. Ich frage mich, ob ich es vorher noch nie gesehen oder ob ich es vergessen hatte - das Haus mit dem Erkerfenster. Darunter waren die Buchstaben A und S und Steinblumen, so schön sogar im Dunkeln, daß ich beschloß, im Tageslicht zurückzukommen, um es besser sehen zu können. Es gibt viele mehr dieser kleinen Schätze da draußen, man braucht nur den Willen und zwei offene Augen, um sie zu sehen. Ich weiß, daß sie immer meinen Tag verschönern und ein kleines Lächeln auf mein Gesicht bringen
, die alten Schätze wie liebevoll restaurierter Stuck an einem Haus oder die neuen wie die Sterne in den Fenstern des Kindergartens. Die Blume, die im alten Friedhof, der nicht mehr genutzt wird, gegen die Kälte ankämpft, die kleine alte Dame, die mit einem Lächeln auf dem Gesicht wartet, während du mit deiner Handykamera ein Bild von deiner Schule machst.
Der Engel, den du so liebst, seit du ein kleines Kind warst ...


Bin ich nostalgisch? Ohja, das bin ich. Es ist das, was mir etwas von der Stärke für die modernen Zeiten gibt. Und darum werde ich wieder beim Käselager vorbeigehen und versuchen, mir vorzustellen, wie es in diesen Tagen war .....

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