Donnerstag, 25. Dezember 2025

Stummfilme - Lehmanns Weihnachten

Frohe Weihnachten allen, die es feiern!
Ich komme mit Geschenken! Naja, einem Geschenk. Okay, einem Stummfilm. Weihnachten oder nicht, es ist Donnerstag.
Aber wißt ihr was, in diesem Film geht es auch um Geschenke, was für ein Zufall (oder auch nicht)!
Es ist "Il Natale di Cretinetti" - "Lehmanns Weihnachten" auf Deutsch von 1911 (es gibt auch einen Film mit demselben Titel von 1909, der deutsche Titel dafür ist allerdings "Müllers Weihnachten").


Hier ist die Handlung mit Spoilern.
Lehmann geht zu einer Weihnachtsfeier. Mit Geschenken und einem Baum beladen rennt er in einen Postboten mit genauso vielen Paketen.



In diesem Chaos erwischt er jedoch ein falsches Paket. Es enthält drei Flaschen mit "ether de peur", "ether de 
gaîté" und and "ether de colère", die Furcht, Freude und Zorn verursachen.
Ich frage mich, wer das zusammengebraut hat und wie, und für wen hatten sie das bestimmt und zu welchem Zweck?



Als Lehmann buchstäblich kopfüber in die Wohnung fällt, zerbrechen die Flaschen und ein übler Rauch entweicht, also versteckt er die Kiste unter einem Tisch.
Die Familie kommt heraus, um ihn zu begrüßen, und er reicht ihnen ein paar der Geschenke, von denen keines Sinn macht, wie ein winziges Paar Schuhe für den Vater und ein Schaukelpferd für die erwachsene Tochter.


Als der Vater eine Rede hält, die alle sehr beeindruckt, beginnen die Äther zu wirken, zunächst auf Lehmann, dann auf alle anderen, als sich der Rauch durch die gesamte Wohnung ausbreitet.
Alle Gäste wechseln sich darin ab, Furcht, überschäumende Freude und Zorn zu zeigen - zitternd, tanzend und lachend und sich gegenseitig angreifend, aber sie haben nicht unbedingt dieselbe Reaktion zur selben Zeit.
Als nächstes dringt der Rauch in die Küche, dann zu einem Bildhauer, dessen Skulpturen zuerst lebendig werden und dann in Stücke zerfallen.


Der Polizist, den der Vater gerufen hat, ist betroffen, die Nachbarn sind es, und das darauffolgende Chaos bringt das gesamte Haus zum Wackeln, bis es in einer großen Wolke aus Geröll und Rauch zusammenbricht.
Frohe Weihnachten, Lehmann!


André Deed war ein französischer Filmpionier, Schauspieler, Drehbuchautor und Regisseur.
Deed war der erste Stummfilmstar seines Landes. Nachdem er Sänger und Akrobat war, arbeitete er im Film für Georges Méliès, dann für die Produktionsfirma Pathé-Frères. Während dieser Zeit entwickelte er den Charakter Boireau.
1909 wurde er nach Italien eingeladen, wo er in mehr als 90 Kurzfilmen als Cretinetti auftrat. 1912 ging er wieder nach Frankreich und machte mehr Kurzfilme als Boireau, und drei Jahre später kehrte er nach Italien zurück, um die Cretinett-Reihe wiederzubeleben.
Wegen des Ersten Weltkriegs und der Übermachtstellung der amerikanischen Filmindustrie endete seine Karriere schließlich und er wurde überwiegend vergessen.

Deed war für Kameratrickgags (durch das Werk von Méliès beeinflußt) und Slapstick bekannt.
Seine Cretinetti-Kurzfilme waren international erfolgreich und andere Länder paßten den Namen ihrer eigenen Sprache an, Foolshead im Englischen, Gribouille im Französischen, Müller im Deutschen (außer diesem Film, vielleicht um ihn deutlich von dem von 1909 zu unterscheiden).

Erinnert ihr euch an Max Linder aus einem meiner kürzlichen Posts? Auf einem Blog habe ich gelesen, daß Linder und Deed das "Yin und Yang der frühen Filmkomödie" waren, Linder charmant und elegant, Deed ein hektischer Idiot, der Chaos und Zerstörung verbreitete. Lehmann hat das in diesem Film auf jeden Fall gemacht, wenn auch unfreiwillig!

Wenn ihr gern ein bißchen Slapstick habt, ist das ein lustiger kleiner Film zum Anschauen.
Oh, und ich liebe diese Kleider!


Quellen:

1. Anthony Balducci: Musings on André Deed. Auf: Anthony Balducci's Journal, 10. November 2014 (Englisch)
2. André Deed auf dem deutschen Wikipedia

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