Es ist nicht das erste Mal, daß ich einen Teil dieser Geschichte erzählt habe, die an Weihnachten begann, aber in einem Post zu etwas anderem und mit einem schrecklichen Bild.
Diese Geschichte führte viele Jahre später zu meiner Sammlung, also denke ich, sie ist es wert, richtig erzählt zu werden.
Heiligabend 1970, ein aufgeregtes kleines Mädchen wartet darauf, daß sich die Wohnzimmertür öffnet.
Mich erwartete ein nagelneuer Puppenwagen und handgenähte Kleider für mein Dickerchen (keine Ahnung, woher der Name kam).
Die kleine Cat war jedoch ein undankbares Kind, muß ich leider sagen. Ihre älteren Schwestern bekamen Mattel-Puppen, und da die kleine Cat schon immer Miniaturen liebte (was sich bis heute nicht geändert hat), war sie fasziniert. Die kleinen Schuhe, die winzigen Knöpfe und Reißverschlüsse ... Cat begann zu nerven, wie das nur eine Fünfjährige kann. Sie ärgerte ihre Schwestern damit, daß sie ihre Puppen anschauen wollte.
Und als sie lange genug genörgelt und wahrscheinlich alle in den Wahnsinn getrieben hatte, bekam sie endlich versprochen, daß sie ihre eigene Mattel-Puppe bekommen würde, sobald die Läden wieder offen hatte - am 27.
Das kann für meine Familie kein Spaß gewesen sein. Ich kann mich nicht wirklich daran erinnern, aber ich bin mir sicher, daß ich nur daran denken konnte, wann endlich der 27. war, und wahrscheinlich wollte ich gleich als erstes morgens losziehen.
Als ich imstande war, Jahre später so richtig darüber nachzudenken, fühlte ich mich deswegen irgendwie schlecht.
Ja, nur irgendwie, denn ich bin immer noch richtig glücklich, daß ich meine Puppe bekam, aber 1. schwammen wir nicht gerade im Geld und 2. muß meine Mutter so enttäuscht über meine Reaktion gewesen sein, nachdem sie diese Puppenkleider selber genäht hatte. Wie hätte sie nicht denken können, daß ich ein verzogenes kleines Gör war? Ich hatte das an ihrer Stelle.
Dennoch nahm sie mich am 27. mit zum Laden und ich bekam meine erste Mattel-Puppe.
Ich habe eine sehr vage Vorstellung von dem Stockwerk des Kaufhauses, in das wir gingen - den "Orion" -, aber ich könnte euch nicht sagen, ob ich die Puppe und die zwei Outfits selber aussuchte oder ob meine Mutter das tat. Ich könnte nicht mal sagen, ob meine Schwestern dabei waren und ihren Expertenrat zu dieser Angelegenheit abgaben (es wird irgendwann einen Post geben, in dem es darum geht, wie man zu dieser Zeit zum Experten wurde).
Auf jeden Fall war meine Puppe - ich sollte sagen ist, denn sie ist natürlich noch Teil meiner Sammlung - eine Stacey mit platinblonden Haaren.
Meine Schwester hatte auch eine Stacey, aber mit rotem Haar, und ich hoffe, sie vergibt mir, wenn ich euch erzähle, daß sie stichelte, meine Stacey sei alt, weil sie graue Haare hätte. Geschwister, was?
Ich liebte meine Stacey und ich spielte mit ihr. Dieses arme Mädchen mußte so einiges durchmachen. Eine Fünfjährige hat nicht die Geschicklichkeit, ihre Modepuppe ohne bleibenden Schaden an- und auszuziehen. Ich schätze, das war, warum ich einen Puppenwagen bekommen hatte.
Im Laufe der Jahre wurde Staceys Kopf gelb und ihr Gesicht schwitzt. Das ist nicht meine Schuld, es ist etwas, das einer Menge Vinylpuppen aus der Zeit passiert ist. Ich könnte versuchen, sie restaurieren zu lassen (oder es selber zu probieren), zum Beispiel indem man die Haut bemalt, aber ich denke mir, sie ist eben einfach zusammen mit ihr alt geworden.
Sie war die erste in meiner Sammlung - von der ich nicht wußte, daß ich sie haben würde -, sie wurde als Spielzeug und nicht als Sammlerstück gekauft, und überraschenderweise überlebte sie. Es fühlt sich falsch an, darüber nachzudenken, sie zu verändert, fast als hätte ich eine Schönheits-OP (und auch ich "bemale" meine Haut nicht).
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Oh die Geschichten, die diese arme kleine Lady erzählen könnte ... |
Ihre kränkliche Gesichtsfarbe ist nicht ihr einziges Problem. Sogar gewaschen wurde ihr Haar nie mehr wie neu.
Da sie jemand *unschuldiges Pfeifen* oft zur Bücherei gehen ließ (die ich in einem Sessel aufgebaut hatte, komplett mit handgemachten Signaturenschildern) und dabei ihre Füße immer zu hart auf dem Boden aufsetzte, verlor sie irgendwann einen halben Fuß.
Vor vielen Jahren nähte meine Schwester (die andere, die eine (aschblonde) Summer Sand TNT Barbie an diesem Weihnachten bekam) ein Abendkleid für sie, aber wegen ihres Fußes kann sie keine Pumps dazu tragen. Stattdessen trägt sie ein Paar vintage weiße lange Schnürstiefel.
Ihr fehlt außerdem ein Finger, er brach ab, weil ich zu oft Armbänder über ihre Hand streifte.
Erinnert ihr euch noch, daß früher die zwei Teile von Kugelschreiben nicht unbedingt direkt zusammengeschraubt wurden? Oft war da noch ein kleiner Metallring dazwischen, in silber oder gold. Es gab ganz dünne und die breiten. Die dünnen konnte man leicht über die Hand bekommen, weil man sie einfach verbiegen konnte und dann bog man sie einfach am Handgelenk wieder hin. Mit den breiteren war das nicht so einfach und wenn man Staceys kleinen Finger oft genaug dabei verbog, dann brach er eben irgendwann einfach ab.
Ein weiteres sehr typisches Problem bei Puppen, mit denen gespielt wurde, waren die Risse im Kopf. Stellt euch ein kleines Mädchen vor, das andauernd den Kopf herunterreißt, um Kleidung oder handgemachte Halsketten anzulegen (jetzt weiß ich, wie man kleine Halsketten mit Haken macht), und ihn dann wieder auf den Hals quetscht, es ist ein Wunder, daß die Risse nicht noch schlimmer sind. Man kann sie zwar kleben, aber ihr kennt ja meine zerbrechliche Verbindung mit Klebstoff.
Stacey war eine songenannte TNT-Puppe - Twist'n'Turn -, was bedeutete, daß sie nicht nur den Kopf hin und her drehen konnte, sondern auch ihre Taille. Sie hatte außerdem knickbare Beine.
Stacey wurde 1968 als Barbies britische Freundin eingeführt, Teil der "britischen Invasion". Sie brachte den Geist von Mary Quant und Londons Carnaby Street mit sich - eine echte "Mod" Puppe.
Es gab sie in zwei Versionen, die beide nur bis 1971 hergestellt wurden, was wirklich schade ist.
Da war einmal die Talking Stacey, die mit britischem Akzent sprach, einen seitlichen Pferdeschwanz und ein Pony hatte, in platinblond oder rot (auch "Copper Penny" genannt).
Die TNT-Puppen hatten ebenfalls blonde or rote Haare. Die 1968 TNT hatte einen Seitenscheitel und kleine Löckchen an Stirn und Seiten, ihr Pferdeschwanz war am Hinterkopf.
Die TNT von 1969 bis 1971 hatte kurzes Haar mit Seitenscheitel und Außenrollen, wenn mit ihnen aber gespielt wurde und man sie kämmte und abhängig von der Fülle an Haar (das war nicht immer gleich), konnte das eine sehr üppige Frisur ergeben.
Sie lächeln alle und zeigen dabei Zähne, haben eingezogene Wimpern und Rouge auf den Wangen.
Sie sind nicht nur wegen ihrer Schönheit bei Sammlern beliebt, sondern auch, weil sie nicht sehr lang auf dem Markt waren.
Es gab zwei Sears Exclusive Geschenksets für Stacey, "Stripes Are Happening" (#1545, 1968) und "Stacey Nite Lightning (#1591, 1969). Dies sind die einzigen Outfits, in denen ein Stacey-Label eingenäht ist. Sears Exclusives sind wunderschön, für kleine deutsche Mädchen waren sie leider keine Option.
Stacey erschien auch auf mehreren Koffern, entweder allein oder zusammen mit Barbie, einmal auch mit Barbie und Francie.
Quellen (englischsprachig):
1. Sibyl DeWein and Joan Ashabraner: The Collector's Encyclopedia of Barbie Dolls and Collectibles. Paducah, KY, Collector Books, 1994
2. Sarah Sink Eames: Barbie Doll Fashion. Paducah, KY, Collector Books, 1997
3. Vintage Stacey Dolls 1968 - 1971. Auf: Fashion Doll Guide
Stacey/Barbie/Francie ist ein eingetragenes Warenzeichen. Ich bin in keienr Weise mit Mattel verbunden.
P.S. Falls ihr euch Gedanken um meine Babypuppe macht, so ist das nicht nötig. Sie wurde in ihrem neuen Wagen auf Spaziergänge mitgenommen und auch ihre neuen Kleider trug sie. Als sie schließlich kaputtging (sie verlor immer ihre Gliedmaßen, weil das Plastik ausleierte), erbte mein Teddy, der ungefähr die gleiche Größe hat, den für ihn geeigneten Teil der Kleidung.
Ok, das ist natürlich kein Grund, sich wie ein verwöhntes Gör zu benehmen, aber ich habe mich im Laufe der Jahre oft genug dafür entschuldigt 😂